Geschäfte

Bericht: Immer wieder erleide ich schwere Rückfälle, wenn es um das Vermeiden von „Geschäften“ oder von „geschäftlichem“ Denken geht. Beispielsweise war ich heute auf dem Postamt. Die Frau, die in der Warteschlange hinter mir stand, summte eine Melodie vor sich hin. Hätte ich von der Szene einen Film gesehen, hätte ich mich zur Umarmung der Menschheit berufen fühlen. Aber hier? Es konnte nicht sein! Im Postamt herrscht das Gesetz des freudlosen Funktionierens. Plötzlich glaubte ich zu wissen, dass diese Störung ihr Lied an mir vorbeischickte, um mich akustisch zu überholen. Sie wollte sich in ihrem rosafarbenen, knapp nur über den Arsch reichenden Spitzensong an mir vorbeischleichen, um schneller zum Schalter zu kommen. Ich mauerte mit beiden Ellbogen. So geschah gerade noch einmal all das, was das Protokoll vorsah. Aber im Spar, kurz darauf, setzte sich die Problematik fort. Man wollte mir offensichtlich eine Lehre erteilen. Aus dem Supermarktradio tropfte ein süßer Sommersong auf die importierten Exotinnen von Erdbeeren runter. Ein junger Beachboy wippte im Takt und sang mit. Ja, dieser Eislutscher rauschte wie eine überdimensionale Biene, deren Flügelschlagen das Schütteln von Vorhangrüschen imitiert, zwischen den Gemüschen herum. Also, ich konnte die Reaktionen der Karöttchen nicht wahrnehmen, aber man kann sie sich denken: Irgendetwas zwischen Todesangst und Sehnsucht nach dem Begehrtwerden – dazwischen spannte sich ihre orangefarbene Oberfläche auf. Ich wurde nun quengelig. Der junge Mann in seiner aufdringlich muskulösen Jugend wollte über mich triumphieren, das spürte ich, auch wenn ich das Gegenteil ahnte. Der wollte, wie mir mein Körper sagte, den ganzen Raum für sich allein. Ich wurde von der Prophezeiung dieser feschen Statur beinahe schon hinweggefegt. Keine Frage, ich korrigierte mich immer wieder, aber mein Unwillen blieb. Ich nahm mir daher vor, einen Mechanismus zu entwickeln, der das „Annehmen des Schlimmsten“ in Bezug auf andere in Echtzeit unterbindet.