Die Lesezeichen-Ausgabe 03/2015 erschien am 12. Oktober 2015.
In dieser Ausgabe:
Eingeständnisse an der Grenze zur Indiskretion, Akte X, Markus Orths Alpha & Omega, Gräser und Bäume, Nebenabreden mit Mauern, eine Frau mit zwei Einkaufstaschen, ein Instrumental-Hit von Hot Butter, Kopfschmerzen und Sodbrennen, Christoph Ransmayr, John Berger, Janet Frame und Antonio Tabucchi, die Botschaft der kirgisischen Republik, eskortierender Nippes, Kenneth Goldsmith und Christian Bök, das Literarische Colloquium Berlin, Musil und Mooses Brugger, bedarfsorientierte Sexualität, nächtelange Übungen in Endlichkeit, Europas gebaute Mauern, Atomphysik, Psychoanalyse und Psychologie, brennende Liebe, Schlüter und Wordsworth, Disketten, Festplatten, Sticks und Sigmund Freuds „Traumdeutung“ … uvm.
Rezeption: Über litblogs.net in der FAZ (7.10.2015)
„Autor, Verleger und Herausgeber sind eine Person – Geht so die Zukunft? Unter den vielen Wegen vom literarischen Blog zum Buch führen manche im Kreis“. Elke Heinemann, E-Lektüren
Im Aufzug.
“Haben Sie jetzt die 3 gedrückt?”
“Ja, schon.”
“Weil, ich muss in die 5.”
“Da liegt die 3 auf dem Weg.”
“Es ist nur, ich hab es eilig.”
“Jetzt habe ich aber schon gedrückt.”
“Kann man das denn nicht stornieren?”
“Jetzt machen Sie sich doch nicht lächerlich.” Aufzug hält im 2. Stock.
“Jetzt hält der auch noch in der 2.”
“Da wird jemand gedrückt haben.” Die Tür öffnet sich. Ein Frau mit Einkaufstaschen betritt den Aufzug.
“Haben Sie gedrückt?”
“Ja.”
“Weil, das hätte nicht sein müssen. Ich muss in die 5.” Aufzug hält im 3. Stock.
“Ein schönen Tag noch.”
“Gehen Sie lieber, sonst kommen wir nie in die 5.”
“Ach, da fällt mir …” Die Frau mit den Einkaufstaschen drückt die 4.
“Haben Sie jetzt die 4 gedrückt?”
“Ich muss noch mal zu den Spielwaren.”
“Ja, sind denn hier alle verrückt.”
“Entschuldigen Sie mal.” Aufzug hält. Die Frau mit den Einkaufstaschen verlässt kopfschüttelnd den Aufzug. Ein Mann betritt den Fahrstuhl und will die 2 drücken.
“Halt! Ende! Jetzt wird in die 5 gefahren, verflucht noch eins.”
Trotzdem: in meinem irrationalen Tun gelingt es auch mir, aus dem Haus zu müssen; das Brot ist aufgebraucht, der Kaffee nicht mehr vorhanden. Sozialkontakte im Konsumtempel: ich laufe zufällig durch die Regale, von vorne nach hinten, nehme mir Dosen, Beutel, Tüten, laufe weiter, lege das, was ich willkürlich aufgenommen habe, wieder ab, starre auf die nackten Füße reifer Frauen, denke darüber nach, ob ich Buttermilch über sie gießen soll, schaffe mir Platz im Kühlregal, lasse mich nieder, reiße eine Packung auf, setze mich in die Kälte und warte, bis man mich auf mein Verhalten anspricht. Niemand spricht. Man kennt mich. Niemand spricht. Ich nehme meinen Hut ab, lege hinein was ich wirklich brauche. Lege Kaffee hinein, lege Kaffee hinein, lege Kaffee hinein. Ich stelle mich an die Kasse, bis nur noch einer vor mir steht. Kaum hat der bezahlt, lasse ich den nächsten vor, den nächsten vor, den nächsten vor, so daß ich eine geraume Weile fast dran bin. Die Kassiererin verdreht die Augen. Niemand spricht.
An der Bäckertheke: „Haben Sie schon gehört?“ – „Was?“ – „Was ist das da?“ Ich zeige mit dem Finger zwischen die Backwaren, zeige auf nichts. „Das?“ – „Nein, das daneben.“ – „Das?“ – „Nein, wieder nicht, das daneben.“ – „Das?“ – „Sehen sie nicht, wo mein Finger hinzeigt? Der zeigt genau daneben.“ – „Die Schnecke?“ – „Nein, nein!“ Ich tupfe mit dem Finger gegen das Glas, sie sieht hilflos zu ihrer Kollegin hinüber. „Das daneben!“ – „Neben was denn?“ – „Neben allem, begreifen Sie denn nicht?“ Sie starrt mich an, ihre Freundlichkeit ist verbraucht. Ich verabschiede mich nicht und gehe in die Apotheke.
„Guten Tag, ich benötige etwas gegen Sodbrenne nach Kaffeekonsum.“ – „Sodbrennen? Da haben wir…“ – „Sodbrennen nach dem Kaffeekonsum?“ – „Das ist ganz normales Sodbrennen.“ – „Nein, ist es nicht. Ich habe Sodbrennen nur nach Kaffeekonsum. Dagegen brauche ich etwas.“ – „Das hilft ganz genauso wie bei allem anderen.“ – „Kopfschmerzen?“ – „Sodbrennen.“ – „Ah, Sodbrennen. Habe ich immer nur nach Kaffeekonsum.“ Sie schielt auf meine Packung Kaffee, die ich in der Hand halte. „Vielleicht sollten sie einfach keinen Kaffee trinken.“ – „Der ist nicht für mich, der ist für meine Schreibmaschine.“
Der dicke Hansen (54) ist beigesetzt worden, unter einem Walnussbaum auf dem Waldfriedhof Ohligs. Als ich über dem Erdloch kauere und etwas von der bereitgestellten lockeren Erde hineinrieseln lasse, bemerke ich eine rote Kirsche, die ist von Karlos, die hat Karlos da hineingelegt. Von mir ein letztes Rieseln, von der Gräfin ein letzter Klaps, eine letzte Erinnerung, und dann, adieu, alter Mann.
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Wie der dicke Hansen im Musik-Unterricht von unserem ebenso geschätzten wie verlachten Musik-Lehrer Bert V. die Erlaubnis bekam, in der großen Aula nach vorn zu kommen und am schwarz glänzenden Flügel Popcorn zu spielen, den Instrumental-Hit von Hot Butter, der im Sommer 1972 im Radio rauf und runter lief und Nummer 1 war in England, USA und Deutschland.
Wie stolz wir auf Hansen waren, als er da vorn an den Tasten saß und den Hit intonierte, genauso locker, wie wir ihn im Ohr hatten. Musik-Lehrer Bert V., eine anerkannte Cool Jazz-Größe, lächelte gütig und verschwand hinter der mobilen Tafel, um sich einen schnellen Schluck aus der Fanta-Dose zu genehmigen, mit ordentlich Rum drin. V. war nicht nur Jazz-Veteran, er war auch ein ausgemachter Säufer. Er hatte Bluthochdruck und schlimme Schuppen, die ihm auf die Schultern rieselten wie Fleckfieber. Die Schuppen sahen aus, als wären sie direkt von der Großhirnrinde produziert worden, mit mächtig viel Fließfett. Er trug Knickerbocker und grüne Kniestrümpfe, die seine Wadenmuskeln so stramm aussehen ließen, als könnten sie jeden Moment aufplatzen und alles einsauen.
Hansen bekam tosenden Applaus. Die ganze Jahrgangsstufe feierte ihn wie einen Revolutionär. Er hatte Popcorn gespielt, den Super-Hit, der klang, als käme er frisch aus Japan aus der Fabrik. Ping Pong-Pop. Als Zugabe durfte Hansen Lady Madonna anspielen, dann kam der Pausengong und beendete die Musikstunde. Wir lagen dem dicken Hansen zu Füßen. Wir hätten ihn auf Schultern aus der Aula getragen, wäre er nicht so dick und fett gewesen.
Schulligung, Py. Kleiner Scherz am Rande, aus alter Verbundenheit.
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Die Gräfin und ich sind um Viertel vor drei mit Schwarte verabredet, auf dem Friedhofs-Parkplatz gegenüber vom alten Union-Stadion. Schwarte hatte eigentlich geplant, gemeinsam mit Schnaat zur Beerdigung zu kommen, doch als er die Handynummer von Schnaat anwählte, nahm der den Anruf irgendwo am Pool unten in Portugal entgegen, da hatte sich die Sache erledigt.
“Ich wär ja gekommen”, so Schnaat, “aber is grad schlecht. Ruf mal den Glumm an, der wollte auch da hin.”
Das allerdings war unklar, bis zuletzt. Wir waren keine Freunde mehr, der dicke Hansen und ich – nein, kann man nicht sagen. Mit einem meiner ältesten Kumpane nicht mehr klar zu kommen, fühlte sich beschissen an, ich wusste nicht damit umzugehen, schon als er noch lebte. Wie denn damit umgehen, jetzt, wo er tot war? Die Gräfin redete mir zu, hinzugehen, Karlos redete mir zu. Mach dir nicht so viele Gedanken. Er ist tot. Er kann nichts mehr machen. Du schon. Geh einfach mit.
Niemand konnte mich so auf die Palme bringen mit seiner großkotzigen Art wie der dicke Hansen. Zweimal im Leben hat mich ein Mensch dermaßen aufgeregt, dass ich handgreiflich wurde und meinem Gegenüber an den Hals ging, beide Male war es der dicke Hansen. Der ja nicht wirklich dick war. Der im Höchstfall ein paar Kilo zu viel auf der Hüfte hatte, ein zu vernachlässigendes Geschwabbel.
Ein paar Bissen Übergewicht.
“Vorsicht! Ich bin fett!” hätte Hansen in diesem Moment eingeworfen. Der übrigens auch als Erfinder des legendären Satzes “ich hab einseitig Bulimie: Ich kann nur fressen, nicht kotzen” gehandelt wird.
Nicht minder legendär: “Lehm’ is hart.”
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Was ist eine Clique anderes als dick befreundete Mehrzeller.
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Karlos war bereits eine Stunde vor uns mit der Regionalbahn nach Ohligs gefahren, er hatte keine Ruhe. Seitdem er so lange abends als Schauspieler und vormittags als Sargträger aufgetreten ist, wird er jedes Mal hibbelig, wenn irgendwo eine Theater-Aufführung ansteht oder ein Begräbnis. Dann muss er auf der Stelle los.
Da bin ich ganz der alte Zirkusgaul.
Fahren wir also zu zweit nach Ohligs, die Gräfin und ich, im silbernen Kleinwagen. Lassen Frau Moll daheim. Die Hündin hat der dicke Hansen gar nicht mehr kennengelernt, obwohl sie schon fast zwölf ist.
“Was glaubst du, welche Musik gleich in der Kapelle läuft?” frag ich die Gräfin.
Sie vermutet Dr. John, ich Little Feat.
Hansen als Musiker beschrieb ein anderer Musiker so.
Mit Hansen in einer Band zu spielen bedeutet: man hat ein Problem, besonders bei ganz normalen, eigentlich selbstverständlichen Sachen. Hansen verschläft seinen Einsatz, ist plötzlich in der falschen Strophe, irgendeine kleine dumme Sache, die man ausbügelt und gut ist, aber es nervt auf Dauer, seine Unkonzentriertheit. Und dann kommt Hansen spontan mit einem schrägen Einfall um die Ecke und schüttelt einen Gimmick aus dem Ärmel, mitten im Song, ohne Ansage, so grandios, wie es nur der dicke Hansen kann..
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Als wir auf den Parkplatz einbiegen, steht Schwartemit Ziegenbärtchen und dunkler Gitarrentasche in der sengenden Sonne. Wann wir uns das letzte Mal gesehen haben..? “Muss mindestens zehn Jahre her sein”, grinst er. Er hat sich kaum verändert. Gut sieht er aus. Gelassen. “Willst du gleich was spielen?” frag ich und nehme damit die blödeste Frage gleich vorweg, dann haben wir das schon mal aus den Füßen.
Schwarte: Ja. Klar. (Sein Blick verrät: Clever, der Glumm. Alle Achtung.)
Später am Grab wird er das wunderbare Willin’ spielen, in einer Akustikversion. Willin’ von Little Feat. “Ist aber eigentlich Lowell George”, meint Schwarte. Er spielt Willin’ in einer schwerblütigen Bergisch Land-Busreisen-Fassung, mit Grabesstimme.
Weitere Leute trudeln ein.
Da ist der schlaksige Schuh, der mir im September 1978 auf dem Patti Smith–Konzert in der Philipshalle den Verstand rettete, als ich aufLSD durchzudrehen drohte, er aber cool blieb und mit mir gemeinsam das Konzert verliess, um im Auto Joints zu rauchen. Er hatte irgendwo aufgeschnappt, dass man auf einem Horror-Trip möglichst viel Haschisch rauchen soll, um die Wirkung des Acid zu dämpfen. Es hat funktioniert. Zum Glück. Ich verdanke Schuh mein Leben. (Ich hätte jetzt gern geschrieben, ich verdanke ihm meine geistige Gesundheit – aber nun ja. Man kann nicht alles haben.)
(Nur einen schönen Batzen.)
Andi K. ist da, smart wie immer. “Hallo Andi K.”, sag ich, “Hallo Andi Glumm”, sagt er. Die Tischler Moni, die mich nicht erkennt. “Hallo”, grüße ich sie im Kreis der Leute, die stehen bleiben. “Hallo”, grüßt sie zurück und fragt, “.. und wer bist du noch mal?” “Der Glumm”, sag ich und sie kriegt sich kaum ein. “Ich hab dich nicht erkannt!” “Hab ich mich so verändert?” “Irgendwie schon. Du hast so.. füllige Backen gekriegt.”
“Glumm, du Hamster”, meint Linus, der von rechts hinzukommt und eines gleich klarstellt: “Ich umarme nur die Frauen.” Sein chronischer Drei-Tage-Bart hat im Laufe der Zeit einen vierten Tag draufgepackt – der dunkle Geselle mit den großen Augen, die stets die richtigen Sachen lesen und weiter empfehlen, jetzt mit noch größeren Augen.
“Mich erkennen andauernd Leute nicht, die mich lange nicht gesehen haben”, sag ich angefressen und umständlich. “Wir sind so mopsig geworden”, meint die Gräfin. “Und wenn der Mund im Laufe der Jahre an Attraktivität verlieret, ist das auch nicht schön..”
Lauter 50jährige ex-Kumpel reisen an, die auch gern essen. Wenn Essen die Erotik des Alters ist, sind wir alles bombige Porno-Darsteller. Klee, der alte Szene-Frisör, der schon lange in Köln lebt wie viele andere auch, (nach Düsseldorf sind nur wenige gegangen), erinnert die Gräfin an Mister Stringer von Miss Marple.
“Ein richtig süßer Opi ist das geworden.”
Unverändert sind nur Schuh und Schwarte. Was sich an Schwarte nicht geändert hat, ist seine ruhige, gleichwohl atemlose Art. Wenn man ihm zuhört, dauert es nicht lang bis zu der Stelle, wo “.. da ham wir im neuen Auto reingekotzt” kommt, “überall Fleischbröckchen, hö hö..!”
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Der dicke Hansen gehörte zu der Handvoll Menschen, die wirklich eine Rolle spielten in meinem Leben. Unsere Wege trennten sich erst, als Heroin ins Spiel kam. Wir nahmen beide das Zeug, aber selten zusammen. Vielleicht weil jeder zu sehr Spiegelbild für den anderen war. Ich sah ihn an und wusste, wie scheiße ich aussah.
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“.. Hansen war so etwas wie der Amerikaner unter uns. Auf einer Reise durch die USA hatte er sich allein im Mississippi-Delta herumgetrieben. Es war die Lebensart, die ihm imponierte, das Easy Going der Einheimischen, die Musik. Hansen, der von Kindesbeinen an Klavier spielte, hatte während des USA-Aufenthalts ganze Blöcke aus dem College-Radio mitgeschnitten, spezielle Cajun,- Blue Grass- und Southern Rock-Sendungen, mit denen er uns nach seiner Rückkehr fütterte. So lernte ich Dr. John schätzen, The Meters und Allen Toussaint, Leon Russell. Die ganze fingerschnippende New Orleans Clique, die es nie wirklich nach Europa schaffte.”
Er war ein Getriebener. Sein Hass, sein tiefer Groll zielte auf seine Mutter, die ihn und seinen jüngeren Bruder früh verstoßen hatte. Sie war überfordert mit den beiden Jungs. Sie konnte mit Kindern nichts anfangen. Eine lieblose, egozentrische Person, die beide Jungs zur Oma abschob. Die gab ihr bestes, aber sie konnte die tiefe Verletzung nicht auffangen, die entsteht, wenn ein Kind von der Mutter weggegeben wird. Der Vater starb früh an Magenkrebs.
Die Jungs wurden von der Oma aufgezogen, die ein Lebensmittelgeschäft in der Innenstadt führte. Sie gab sich alle Mühe mit der Erziehung, war aber überfordert. Da sie jeden Tag bis halb sieben im Geschäft stand und nicht vor acht Uhr zuhause war, blieben die Jungs tagsüber sich selbst überlassen. Das war große Klasse. Das war unser Glück.
Die Oma hatte einen großzügigen Bungalow am Kannenhof gekauft, ein Neubau mit Schwimmbad, das wir in unserer Jugend bis zum Anschlag nutzten. Es verging kein Nachmittag, ohne das wir uns bei den Hansen-Brüdern zum Schwimmen trafen. Es waren herrliche Zeiten, wir entdeckten das Marihuanarauchen und spielten stundenlang Wasserball, bis die Haut einweichte und verschrumpelt vom Knöchel rutschte. Wir liefen den ganzen Tag im Bademantel durchs Haus, knubbelten uns gegenseitig die Klöten und futterten uns durch den gut gefüllten Kühlschrank – ganze Bataillone von Bauer-Joghurt gingen drauf. Das waren schöne Zeiten. Ich fand Nuss am besten. Der große Nuss von Bauer. Gekühlt vorrätig, stets stiegenweise.
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Hansen nahm Klavierunterricht. Sein Bruder Ralle hatte ein dickes Pearl-Schlagzeug im Zimmer und beackerte es ohne Unterlass. Da die Zimmer der Jungs im Untergeschoss lagen, standen wir manchmal eine Stunde und länger vorm Haus und klingelten uns oben die Finger wund, weil die Brüder uns nicht hörten. Man hörte schwere Buschtrommeln und Synthis aus dem Kellerschacht, und im Haus gegenüber wohnte ein kleiner dicker Mann, der es liebte, im Unterhemd über einer offenen Tonne Holz zu sägen. Niemand hörte unser Wehklagen und das Geklingel.
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Über seine erste Klavierlehrerin schrieb Hansen:
“Wie fettig ihre finger manchmal waren, wenn sie aus ihrer kleinen küche wieder an den flügel kam und sich neben mich setzte. Sie war dick und sie roch nach bratwurst. Ich mochte sie nie sonderlich, aber als sie die musik, die mich im innersten berührte, nämlich die Beatles, die Who, die Stones, kurzum vom tisch fegte und nichtig machte, hasste ich sie. Das ist keine richtige musik, hetzte sie, ebenso ahnungslos wie anmaßend..”
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Keiner von uns konnte mit harten Drogen umgehen, aber ihn erwischte es am ärgsten. Das Heroin brachte seine schlechtesten Eigenschaften zum Vorschein, und Hansen entwickelte sich zum Stalker.
Frauen, die ihn verliessen, wurden mit Telefonanrufen überzogen, in denen er sie als doofe Nutte und Ballast-Existenz beschimpfte und ihnen drohte, die Autoreifen zu zerstechen, wobei er sich meist begnügte, die Luft rauszulassen. Er schwärzte eine Ex beim Arbeitsamt an, weil sie einen Nebenjob nicht angemeldet hatte, verpfiff eine andere beim Drogendezernat, weil sie angeblich Gift vertickte. Merkwürdigerweise traf es längst nicht jede seiner Verflossenen, so wie seine Schmäh-Telefonate auch nicht jeden alten Kumpel trafen. Karlos etwa kam ungeschoren davon. Nach welchen Gesichtspunkten Hansen vorging, ich hab keinen Schimmer.
†
soviel flimmerhaare,
soviel flimmerjahre
.. schreibt der 2005 an Lungenkrebs gestorbene, begnadete Lyriker Thomas Kling in einem seiner letzten Gedichte. Auch Hansen ist an Lungenkrebs gestorben. Einer meiner dicksten und ältesten Freunde. Erst Prostatakrebs, den er noch überwinden konnte, Lungenkrebs, Blasenkrebs. Die ganz große Arschkarte. Der Tumor in der Lunge war groß wie eine Faust. Er lehnte Chemo ab, nur Bestrahlungen liess er zu.
“Ich hab mich mit dem Sterben arrangiert”, sagte er am Telefon, “ich kann loslassen”, und ich war überrascht über seine Nüchternheit. Vielleicht kann ich (auch) deshalb nicht weinen. Ich hab nicht eine Träne. Ich bin nicht mal wirklich traurig, das entsetzt mich am meisten. Was zum Henker soll denn noch alles untergehen, bis ich etwas fühle. Aber wir hatten zu lange keinen Draht mehr zueinander, es ist zuviel kaputt gegangen zwischen uns. Sind die Dinge erst einmal verhärtet, schafft nicht mal mehr der Tod mehr eine Träne.
Hansen hat eines nie begriffen, nie verinnerlicht, bis zuletzt nicht. Wer sich wie ein Arschloch aufführt, wird auch wie ein Arschloch behandelt. Es bleibt nicht ohne Folgen, wenn man glaubt, dass gewisse Standards im Umgang mit Menschen für einen selbst nicht gelten, nur weil man gerade ein stabiles Hoch erlebt und meint, auf andere hinabblicken zu können. So hielt er Junkies für das letzte Pack, obwohl er der Sucht so eben noch von der Schippe gesprungen war. So etwas liebe ich ganz besonders. Jeder, der sich so aufführt, wird von mir mit Küsschen eingedeckt bis er erstickt.
Das tragische daran: er war kein wirkliches Großmaul. Es hatte etwas antrainiertes, etwas vom Leben abgeschautes, wenn er seine Tiraden abrief, und: Er hatte ja immer wieder seine hellen Momente, wo ihm klar wurde, was für einen Mist er sabbelte.
Ich war ja nicht der einzige, mit dem er sich anlegte.
“Das hatte ja fast schon was geniales”, meinte Schnaat am Telefon, “wie Hansen es geschafft hat, all seine alten Freunde zu verprellen.”
Worüber er so alles verärgert war. Zum Beispiel meckerte er, dass sich die Dinge, so wie ich sie in meinem Blog beschrieb, so nicht zugetragen hätten. Natürlich nicht, gab ich zurück, jeder hat die Dinge aus seiner Warte gesehen, is doch normal. Und dass ich ihn in all den Jahren nie gefragt hätte, ob ich etwas bestimmtes, was ihn betraf, so schreiben könne.
“Wie soll das denn gehen, Py? Soll ich jedes Mal einen Absatz rübermailen und von die gegenzeichnen lassen, in dem du vorkommst??”
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Freundschaft hatte lange Zeit den höchsten Stellenwert. 10 von 10 Punkten, mit Extra-Sternchen und Bonus-Kussmund. Deshalb entwickelten sich viele Beziehungen über die Zeit auch so zäh, sind schwierig bis heute.
Je älter man wird, desto schwieriger wird es, die Menschen zu lieben, die man liebt. Sie sind nicht greifbar, wenn man sie braucht, man selbst ist nicht greifbar, wenn andere einen brauchen. Man muss sich stets erst verabreden, um sich gegenseitig brauchen zu können, weil die Leute längst woanders leben oder weil sie gerade Dinge zu tun haben, die keinen Aufschub dulden. Manchmal hat man einfach auch keine Lust. Ein Nachteil des Erwachsenwerden ist, dass man sich nur noch über den Weg läuft, wenn man zuvor eine Verabredung trifft, womit die Sache für mich in der Regel schon gestorben ist. Ich mag keine Verabredungen. Ich mag es, sich zufällig über den Weg zu laufen.
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“Ich kenn eigentlich keinen Peter, der nicht durchgeknallt ist.” (Die Gräfin)
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Wenn ich Songs wie Crazy Mama von JJ Cale höre, seh ich uns bekifft Auto fahren, die bergische Landschaft zieht vorüber, die ein wohlmeinender Sonntagsgott einst ausgewürfelt hat, die Luft im Wagen, warm und feucht wie in einer Haschischbackstube, und der dicke Hansen schifft uns sicher hinaus in die Welt.
Es gibt Dinge, die uns beide auf ewig verbinden. Da war der Anruf, den er bekam, als wir nachmittags in den Sommerferien bei uns zu Hause an der Schillerstrasse waren. Der Anruf kam von der Oma, Peter, der Opa ist gestorben. Da waren wir 16 oder 17. Oder wie Hansen und ich zusammen nach Nord-Spanien in Urlaub gefahren sind, in seiner blauen Ente, und ich wurde krank und lag die ganze Rückfahrt mit fast vierzig Fieber auf der Rückbank. Und wie ich seinen nagelneuen Datsun Cherry in Klump fuhr (und die Reparatur bis zum letzten Pfennig bei der Oma abstotterte.)
“Aber was willst du eigentlich, Andi? Manchmal frage ich mich das, wenn ich dich so lese. Wat will der glumm? Warum lebt er so? Was fehlt dem nur? Ich versteh dich nicht. Du bist so weit ausserhalb.”
Eine seiner letzten Mails an mich trägt die Betreffzeile Fat Man got the Blues. Oder hier, Ende März 2015: Ich mache Fehler, dumme Fehler. Das war ein paar Tage nach der zornigen Mail, in der er mir mitteilte, dass ihn neben Blasen- nun auch noch Lungenkrebs befallen hat. Wo er sich so richtig auskotzt und mich (und andere Junkies und ex-Junkies) Parasitenfotzen und Methadon-Weicheier nennt. Wie sehr er es bereue, Fotzen wie mich kennengelernt zu haben, mit ihnen sein Leben verschenkt zu haben. Das war die normale Schiene, die der dicke Hansen fuhr, wenn er seinen tiefen Groll auf einzelne Menschen ummünzte und sich nicht bremsen konnte.
Jahrelang sabbelte er uns den AB mit wüsten Beschimpfungen und Beleidungen voll, ich hab es hinterher nicht mehr abgehört. Sobald seine Nummer auf dem Display auftauchte, hab ich ihn weggedrückt, auch sein kleinlauten Entschuldigungen. Ich habe nie zurückgekläfft. Kein einziges Mal. Ich mag keine Beleidigungen. Die setzen sich im Ohr fest, und wenn man Pech hat, machen sie sich selbständig und führen ein Eigenleben.
Was mich betrifft, hat es die Gräfin so ausgedrückt.
“Du wirst selten ausfallend. Eigentlich nie. Du pisst einem trocken auf die Füße, das schon.”
Ich wunderte mich, dass er sich nicht vor der Gräfin schämte. Dass er mich beleidigte war das eine, aber es musste ihm doch klar sein, dass die Gräfin seine Ausfälle auf dem Anrufbeantworter ebenso abhörte.
Sie meinte zu mir nur: “Sag ihm doch einfach mal, dass du nicht seine Mutter bist.
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E-Mail vom dicken Hansen an mich, 8. 10. 2014
“Mir geht es echt scheiße, aber das gibt mir nicht das recht dich so anzufauchen. Ich habe manchmal recht unangenheme charaktereigenschaften. Und an diesem tag konnte ich mich nicht bremsen.
Jetzt schäm ich mich dafür.
py”
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Farewell, Py. Du warst Quälgeist und Gegenverkehr in einer Person, und du konntest so überraschend wohlwollend sein, (“hey altes schriftgestell, ich freu mich sehr für dich. denn mein dicker bauch sagt mir, es dauert nicht mehr lang, bis dein ersehnter durchbruch eintrifft..”), und du warst nicht dumm in deinem Urteil. Sobald ich das Gefühl hatte, dass deine Worte unabhängig waren von deinem aktuellen Gemütszustand, hörte ich genau hin. Aber sobald es dir schlecht ging, war auch alles andere schlecht und trug Mitschuld an deinem Schicksal. Das ist sehr menschlich, und sehr nervend.
Andererseits, wer sonst konnte so schöne Worte erfinden wie ALABASTER-FICKTÜTE.
Da war Musike in den Buchstaben.
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Er nahm keine Drogen mehr, nicht mal Methadon, nichts. Er war voll clean, cleaner als ich es je gewesen bin. Er hatte seinen Führerschein verloren und wollte ihn unbedingt zurückhaben. Weil ein dicker Hansen ohne Auto nur ein halb-dicker Hansen war, setzte er alle Hebel in Bewegung, um den Lappen zurückzukriegen. Er blieb clean, um die gefürchteten Urin-Kontrollen zu überstehen, wo unter Sicht abgepinkelt werden musste. Er zahlte insgesamt 7000 Euro, bis die MPU endlich geschafft war. Und kein halbes Jahr später überrennt ihn der Krebs an allen Fronten und er ist mausetot.
“manchmal glaub ich”, schrieb er mir, “dass erst das cleansein all die prozesse in meinem körper angestoßen hat, an deren ende jetzt der krebs steht..”
Er wohnte zuletzt mit einer Frau zusammen, mit der er in den Neunzigern schon mal zusammen war, sie tat ihm gut. Sie war das beste, was ihm passieren konnte. Eine Halb-Italienerin, wie die Gräfin. Eine prima Frau. Ich nannte sie immer die Piratin, weil sie so schöne Eckzähne hat.
Auch wenn wir uns nicht mehr sahen, Hansen und ich schickten uns wieder E-Mails, waren wieder in Kontakt, sein Ton hatte sich geändert. Er war (fast) wieder der alte Hansen, er war wieder da. (Wobei ich an sich keinen Wert darauf lege, über jemanden zu sagen, er habe sich nicht verändert.)
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Schwarte erzählt eine typische kleine Hansen-Schote aus alten Tagen, als er Hausverbot im Mumms kassierte, der Zentrale, wo sich alles traf, was Rang & Namen hatte und wo Hausverbot schon allein deshalb das gesellschaftliche Aus bedeutete.
Der Grund für Hansens Hausverbot: sein dauerndes ULLAH-Gejohle. Es lässt sich heute schwer vermitteln, wie Hansen es fertigbrachte, ohne Pause ULLAH zu brüllen, ULLAH zu jodeln, ULLAH zu krähen – wie ihm gerade der Sinn stand. Was das sollte mit dem ULLAH, niemand wusste es, am wenigsten Hansen selbst. Es hörte einfach nicht auf, ULLAH zu rufen.. Erst war es witzig, dann nervend, zum Schluss verdrehten alle nur noch die Augen. Aber das war kein Kriterium für den dicken Hansen, etwas sein zu lassen. Im Gegenteil: Es feuerte ihn nur noch an, die Dinge zu intensivieren.
Einmal begleitete ich ihn und Schnaat zum Angeln. Sie fuhren regelmäßig zum Angeln, an irgendwelche Geheimgewässer. Es war Hochsommer. Ich langweilte mich, ich konnte Angeln nichts abgewinnen. Hansen hatte etwas im Auto vergessen und stiefelte los, um es zu holen. Er trug hohe, bis zu den Hüften reichende Fliegenfischen-Gummistiefel, eine knappe knallrote Siebzigerjahre-Badehose und diese strohblonde Brigitte Bardot-Perücke, dazu ein fetter Sonnenbrand – er sah aus wie die irre Geliebte eines Feuerwehrmanns, der vergessen hatte, wo der Brand ausgebrochen war.
Er kam lange nicht zurück. Es dauerte und dauerte. Gerade als Schnaat und ich losgehen wollten, um zu schauen, wo er abgeblieben war, kam er mit drei Eis im Hörnchen zurück. Das heisst, von den drei Eis waren drei angebissene Hörnchen übrig geblieben, den Rest hatte er unterwegs aufgefressen.
Niemand, wirklich niemand konnte die Dinge so konsequent in Richtung Wahnsinn schrauben wie der dicke Hansen.
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Seine ärgste ULLA-Zeit war zu Beginn der Achtzigerjahre.
“Peter, wenn du noch ein Mal, ein einziges Mal nur dein blödes Ulla bringst, fliegst du raus”, drohte ihm Franz, der Inhaber des Mumms, nicht gerade bekannt dafür, Scherzchen zu treiben.
Franz hatte es noch nicht ausgesprochen, da kam die Antwort schon so postwendend wie ein Tarzan-Ruf aus dem Urwald, ULLAAHHH!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
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Die Sache mit der Vorhaut. Es gab regelrechte Vorhaut-Contests unten im Schwimmbad. Wer die längste Vorhaut hatte. Der dicke Hansen und ich lieferten uns über Jahre ein Kopf an Kopf-Rennen. Aber auch wenn meine Vorhaut einem Hauszelt glich, ich war ohne Chance. Was der dicke Hansen zeigte, und er war sehr zeigefreudig in dieser Beziehung, ging in Richtung Traglufthalle und war einsame Spitze. Und seine Angewohnheit, in Gesellschaft den Pimmel auszupacken, die Vorhaut über den Tisch zu ziehen und zurückschnacken zu lassen wie ein Haushaltsgummi, das war Boys Entertainment. Das war wunderbar durchgeknalltes Jungszeugs.
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Als wir die Kapelle des Waldfriedhofs betreten, kurz nach 15 Uhr, ist die kleine Feier schon in Gange. Ganz vorn ist eine Leinwand aufgebaut, auf der das in strengem Schwarz-Weiß gehaltene Video projiziert wird, das Hansen gut ein Jahr zuvor in einem Düsseldorfer Studio produzieren liess. Es zeigt ihn solo am Flügel. Es ist sein Vermächtnis. Er spielt drei Stücke. Eine Little Feat-Nummer, ein Stück von Dr. John und zuletzt,, das Stück, das mir am besten gefällt, eine ruhige kleine Eigenkomposition.
Nach diesem letzten Song bleibt eine Groß-Einstellung seines Gesichts auf der Leinwand, für einige Minuten, und sorgt für Schluchzer. In den Stuhlreihen vor uns sitzt der gute alte Klee. Er erzählt später, dass er vor Jahren einen Tumor im Darm überstanden hat. “Als ich im Sprechzimmer saß und der Doc mit der Diagnose rüberkam, dachte ich nur, wie, Krebs, ich..? Was will der Blödmann denn!”
Ich sehe Stefan B. mit seiner Frau, die mir bislang nur aus dem Internet bekannt ist, mit ihren freundlichen Kommentaren auf Citronenbusen und Facebook. “Da hat der Stefan aber einen guten Fang gemacht”, sag ich zur Gräfin, ohne zu wissen, dass die beiden bereits seit 15 Jahren verheiratet sind. Wir haben uns also mindestens 15 Jahre nicht gesehen, Stefan und ich. Nach langen Jahren in Südeuropa ist er nun zurück, lebt am Niederrhein.
Zuletzt tritt Ralle vor die Trauergemeinde, Hansens jüngerer Bruder, auch er schon lange Kölner. Auch ihn hab ich mehr als 10 Jahre nicht gesehen. Er tritt im blütenweißen Hemd zur Jeans nach vorn und spricht mit etwas zu leiser, zu scheuer, aber sehr brüderlichen Stimme ein oder zwei Dinge, die gesagt werden müssen.
“Der Py war kein einfacher Mensch, bestimmt nicht, ja, er war sogar ein komplizierter Mensch und nicht immer nett, und wir beide hatten auch unsere Probleme. Aber so ist er halt gewesen, so war er eben, der Py, mein Bruder.” Er freue sich über die vielen alten Weggefährten, die den Weg zum Waldfriedhof gefunden haben.
Schöner hätte man es nicht sagen können.
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Mann, Py, du warst so scheiße einzigartig, und du warst so was von daneben. Eigentlich weiss ich gar nicht, was ich dazu sagen soll, dass du tot bist. Dass es dich nicht mehr geben soll. Denn selbst wenn wir uns nicht mehr gesehen haben, ich wusste, du bist in der Stadt. Das ist nun Geschichte. Plötzlich beginne ich sogar ein bisschen deine hasserfüllten Nachrichten auf unserem AB zu vermissen. Jetzt, wo ich weiss, dass es mich nie wieder treffen wird. Nicht von dir.
Du hast mich mit deinem Hass mitten ins Herz getroffen. Und weil ich wusste, dass du wusstest, wie sehr du mich damit triffst und es dennoch, oder gerade deshalb, immer wieder aufs Neue getan hast, tja,- genau deshalb reagierte ich darauf so, wie ich es immer tue, wenn mir jemand gewaltig auf die Füße tritt: ich werde eiskalt. Ich ziehe mich auf einen Kern in mir zurück, den ich im Gefrierbereich verorte. Es gibt eine Art Parallel-Glumm, die mich in letzter Instanz rettet, wenn nichts anderes mehr geht. Wenn ich mir nicht mehr anders zu helfen weiß, ist Kälte das letzte Rüstzeug, das bleibt.
Ich hab auf keinen einzigen deiner Stalker-Anrufe geantwortet, du hast in all den Jahren kein böses Wort von mir gehört, stattdessen nur eisiges Schweigen von mir. Meine Rache.
Du schreibst in einer Mail vom März 2015:
“Ich fühl mich von dir so abgestellt. du nimmst mich nicht für voll. dabei ist das vielleicht gar nicht so. Ich war an diesem tag so wütend über mein schicksal, dass ich furchtbar ungerecht war..”
Dabei waren wir beide auf einem guten Weg. Er lag schon in Bochum in einer Krebs-Klinik, wir telefonierten mehrmals miteinander, SMS-Nachrichten flitzten hin und her, wir verabredeten ein Treffen. Zu dem es nicht mehr kommen sollte.
Er hatte etwas in meinem Blog gelesen, das ihm so gegen den Strich ging, dass er gleich eine SMS abfeuerte, wo er sich auf eine Weise auskotzte, die ich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr für möglich hielt. Ich hielt es für überwunden. Er kotzte sich selbst über mein “dünnes Stimmchen” am Telefon aus, dass ihn “angeekelt” habe. Es war kaum ernst zu nehmen, und es hat mich tief getroffen. Ich hab den Kontakt auf der Stelle abgebrochen, fünf Wochen vor seinem Tod.
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“Hau die Dinger raus, alter Freund”, schreibt er am Ende einer frei flottierenden E-Mail vom Oktober 2014.
Der kleine Radiotext über nichtkreatives und konzeptuelles Schreiben sowie „Recycling le Tour de France“ erschien am 6.9.2015 auf WDR 3 (Gutenbergs Welt).
Die Sendung steht in der Mediathek zur Verfügung und ist hier eingebettet. Der Beitrag beginnt ca. ab der 40. Minute.
••• 52° 29′ 13″ N / 13° 22′ 32″ O: Das ist Kreuzberg, auf der weniger schönen Seite des Viktoriaparks. In Bayern sind noch Ferien, die Kinder bei uns. In den Urlaub fahren konnten wir nicht, aber wir haben für einige Tage einen Ausflug nach Berlin gemacht. Geplant war eigentlich, dass ich die Party zum 20. Geburtstag des Verbrecher-Verlages besuche. Stattdessen fuhren wir gestern zum Wannsee hinaus, um im Literarischen Colloquium die erste öffentliche Lesung aus Alban Nikolai Herbsts neuem Roman »Traumschiff«zu erleben. Das war ein rechter Familienausflug: mein Vater, Einat und ich, die Teenager-Kids und Leo im Tragetuch, eine kleine Karawane.
Ich habe in diesem Jahr nur ein Buch gebraucht. Und wenn Sie nur ein Buch wahrnehmen können zurzeit, dann sollte es dieses sein. Es gibt nur ganz wenige Autoren in Deutschland, die sowohl die Erfahrung als auch das intellektuelle, sprachliche, gestalterische und – musikalische Vermögen mitbringen, um einen solchen Roman schreiben zu können. Dass Herbst gestalterisch kaum etwas unmöglich ist, hat er in an die 30 Büchern längst bewiesen. Im »Traumschiff« zeigt er nun jedoch etwas, das die alternde Kollegenschaft beschämen dürfte: Er hört nicht auf, sich das Maximum abzuverlangen. Er hört nicht auf, besser zu werden. Ein Meisterwerk wie dieses fällt einem nicht zu. Herbst hat sich nie geschont. Und das vielleicht ist das Geheimnis der Virilität in seinem Werk. Offen, wach, verletzlich, wissbegierig und unabgeklärt – das ist der Teil des Handwerkszeugs, den man nicht lernen kann.
Vor Monaten schon habe ich erste Fahnen des Romans lesen dürfen, und von den ersten Sätzen an empfand ich so etwas wie – Resonanz.
Lange habe ich gedacht, dass wir einander erkennen. Aber das stimmt nicht. Wir vestehen uns nur. Dennoch lehne ich stets an der Reling des Promenadendecks, wenn die Reisegäste das Traumschiff verlassen. Und wenn die neuen eingeschifft werden, sehe ich mir jeden Menschen sehr genau an. Wie er seine Füße auf die Gangway setzt, zum Beispiel, ob fest, ob unsicher. Ob er sich am Geländer festhält.
Viele sind krank. Andere können nicht mehr richtig gehen und stützen sich auf rollbare Hilfen.
Ich möchte wissen, ob jemand das Bewusstsein schon mitbringt.
Ich habe es seit Barcelona. Das liegt lange zurück.
Gregor Lanmeister, der Ich-Erzähler dieses Romans, Ende 60 und gebrechlich, fährt auf einem Kreuzfahrtschiff über die Weltmeere. So jedenfalls denkt er es sich und sollen wir Leser es uns denken. Das Bewusstsein, das er »seit Barcelona« zu haben meint, ist ein besonderer Daseins- oder Empfindungszustand, der ihn mit einigen seiner Mitreisenden verbindet. Zwölf Dutzend Menschen auf diesem Schiff werden es nicht mehr verlassen. Ihre Kreuzfahrt ist so etwas wie die Überfahrt über den Styx, die gekreuzten Weltmeere eine Art Zwischenreich zwischen Leben und Tod. Wir lauschen Lanmeister, der das Sprechen aufgegeben hat und demonstrativ schweigt, ins Innere. Wir begleiten ihn beim Sterben, beim Abschiednehmen, und dass es um nichts anderes geht, das eben ist Lanmeister seit Barcelona nach und nach klar geworden. Nur, wie lange es dauern wird, das weiß er nicht.
Herbst überblendet die Seereise mit einer anderen Realitätsebene. Da befindet sich Lanmeister in einem Altenheim. Da ist seine Kabine ein Zimmer und das ukrainische Zimmermädchen Pflegerin, die nicht nur Staub wischt, sondern ihn, was ihn verwundert und ihm sehr unangenehm ist, auch wäscht.
Was ist angenehmer oder doch zumindest weniger schlimm, wenn man denn schon gehen muss und auf den letzten Metern hilflos im Rollstuhl sitzt? Dann doch lieber die Reling und der Blick über den Ozean als ein Altenheimkorridor. Herbst nennt sein »Traumschiff« denn auch eine Utopie des Sterbens. Wenn das Gehen so aussieht, wäre es erträglich. Wenn auch keineswegs leicht.
Das eingangs erwähnte »Resonanz«-Empfinden war unausweichlich. Herbst kommt mit diesem Roman meiner eigenen Poetologie so nah wie nur möglich. Erzählt wird in zwei sich überlagernden Realitätsräumen in der ersten Person, und der Erzähler, Lanmeister, ist ein Anti-Held. Gezeugt nach Kriegsende bei einer Vergewaltigung durch einen russischen Soldaten, wird er von seiner Großmutter und seiner Mutter lieblos und brutal aufgezogen. Die Kindheit gibt den Ton vor für das Folgende: Überleben, Durchlavieren, nur kein Gefühl zeigen. Im Geschäftsleben ist er ein Schlitzohr. Zu seinen Frauen ist er widerlich. Seinen Sohn kennt er kaum. Ein soziales Leben beginnt er eigentlich erst auf dem Traumschiff zu führen. Liebe zu empfinden und sich selbst zuzugeben, auch das gelingt ihm erst in seiner Zeit des Abschiednehmens.
Die mystischen Überlieferungen mehrerer Religionen kennen Orte der Läuterung, wie es das Traumschiff für Lanmeister ist. In der jüdischen Überlieferung ist es das Sheol. Bei mir spielte schon im »Alphabet des Rabbi Löw« diese Idee im zentralen Anna-Kapitel die Hauptrolle. In »Replay« lieferte die Idee des Sheol die Exposition für Ed Rosens »Läuterungsreise« von Replay zu Replay. In »Ein anderes Blau« wird zwei der erzählenden Personen erst im Laufe des Buches klar, dass sie sich in einem Reich zwischen Leben und Tod befinden, dass sie nicht in diese Welt zurückkehren können. Nachdem sie Abschied genommen haben, steigen sie in ein Boot und fahren hinaus auf den nächtlichen See.
Mystisches webt auch Herbst wie einen Musterfaden in seine Erzählung ein. Das chinesische Mahjongg wird auch Sperlingsspiel genannt. Monsieur Bayoun, bevor er final »an Land geht«, verehrt Lanmeister ein solches Spiel, das aus zwölf Dutzend Steinen, auch Spatzen genannt, besteht. Herbst verbindet das Spiel mit der talmudischen Legende (die sich ähnlich übrigens auch im Islam findet), dass die Spatzen (oder Tauben) die Bewahrer der Seelen sind und die Aufgabe haben, den Neugeborenen die für sie vorgesehene Seele zu überbringen. (In »Die Leinwand« erzähle ich diese Legende im Zusammenhang mit Maos Krieg gegen die Spatzen im China der Kulturrevolution.) Wie dieses Motiv webt Herbst auch immer wieder Zitate aus dem 144. Psalm in den Text ein – all dies zusätzliche Ebenen für den Text, die man nicht zu erkennen braucht, um das Buch mit Genuss und Gewinn zu lesen, die aber doch einen Teil des besonderen Reizes ausmachen.
Dieses gesamte Setup bleibt natürlich ein uneingelöstes Versprechen, wenn es dem Autor nicht gelingt, den richtigen Ton zu treffen. Ich habe mich hier mehrfach als Fan Herbstscher Experimente bekannt, sei es bei »Aeolia« oder auch den »Bamberger Elegien«. In der Prosa fühle ich mich häufig mit Herbst nicht eben »gleichgestimmt«. Eine klare Ausnahme war »Meere«. Und ebenso klar schwinge ich mit Herbst bei diesem Roman. Man sollte den Text laut lesen, und am besten sollte man den Text vom Autor laut gelesen bekommen, denn seine Musikalität sucht ihresgleichen. Und so ist letztlich der Klang ein weiterer Grund für mein Resonanzerlebnis bei der Lektüre.
Mir kommt es auf Erklärung allerdings nicht weiter an. Es wäre im Beisein der Freunde leicht gewesen, unter der Sonne zu sterben, mit ihrem warmen Licht auf den Augen. Man schließt sie vor Helligkeit sowieso. Dabei stört es auch nicht, daß der Besuch meine Hand hält. Es ist sogar sehr angenehm. Man ist locker daran festgemacht wie ein Boot auf einem so stillen See, daß man ihn für verwunschen hält. Am Ufer, mit einer Schnur. Da muß keiner fürchten davonzutreiben, oder nur kaum. Bei geschlossenen Lidern habe ich außerdem den Eindruck, daß es eine Männerhand ist, die mich hält. Eine, möchte ich fast sagen, Vaterhand. Es gibt Illusionen, um die ist es schade, wenn man sie stört.
Ende Oktober werde ich mit ANH gemeinsam im Literaturhaus in Darmstadt auftreten. Ich werde »Ein anderes Blau« mitbringen und er das »Traumschiff«. Auf dieses Gespräch freue ich mich bereits unbändig.
Übrigens bin ich gerade hier: 50° 55′ 30″ N / 11° 35′ 15″ O. Das ist Jena Paradies. »Es gibt Illusionen, um die ist es schade, wenn man sie stört.«
Die erste, die ich küsste, die mich küsste, war dann aber C. Sie war auch die erste, mit der ich ging– zwei Wochen lang oder auch drei. Sie war jünger als ich, die Tochter von Freunden meiner Eltern, wir verbrachten oft die Ferien miteinander (ich erinnere mich an den Mückenstich, den sie Jahre zuvor erleiden musste: auf dem linken Augenlid), und einmal, als sie von den Duschen kam, öffnete sie ihren Bademantel für mich, damit ich sie nackt sehen konnte. Dabei gab es noch gar nichts zu sehen. Als sie eines Tages ins Allgemeine sagte, Wir lieben uns doch, war eine Grenze überschritten. Denn ich wusste, dass das nicht stimmte. Ich begehrte ihr Begehren, ich mochte es, begehrt zu werden, aber Liebe – nein, das war es nicht. Ich war nicht verliebt in sie, nicht so, wie ich es in K. und P. gewesen war. (Wenn man so will, bildete C. den Anfang einer anderen Reihe – die, in der Liebe und Sex streng voneinander getrennt waren.) Kurz darauf machte ich Schluss, ohne es explizit zu sagen.
Was dann passierte, sollte Auswirkungen haben. Ich löste mich von dem Kuss, weil ich den Windhauch eines über meinen Kopf hinweg segelnden Glases spürte. Es zerschellte an der Wand rechts von uns, erschreckt sahen wir uns um, erkannten aber zunächst nicht die Quelle dieses plötzlich ausbrechenden Tumults. Über einen Trumeau über der Bar konnte ich dann sehen, wie ein Lude mit einer Karomütze zum Schlag ausholte. Weit geöffnete Münder ringsum. Von irgendwo ertönte ein dumpfer Knall, wie ein Schuss aus einem Schalldämpfer, aber vielleicht war das auch nur ein Geräusch, das in der Luft lag. Ondine fiel mit schmerzverzerrtem Gesicht über den Tisch. Das Blut, ich hatte es kommen sehen, strömte ihr aus den Mundwinkeln auf die Tischplatte und tropfte dann wie in Zeitlupe auf den Boden. Das alles geschah innerhalb weniger Sekunden, während ich noch den Geschmack von Valeries Lippen auf den meinen spürte, Jason machte wild gestikulierend Zeichen, eine Frau schrie, wieder fielen gedämpfte Schüsse, vermutlich von den Toiletten aus. Rotierendes Licht, noch mehr Schreie, vielleicht war jemand getroffen worden. Jemand musste sich übergeben, mitten auf die Tanzfläche, zu viel Schnaps, zu viel Blut, zu viele Tränen. Die Hektik nahm zu, ein unübersichtliches Gerangel entstand, jemand machte Fotos, jemand rief die Bullen, Streulicht aus Mobiltelefonen, Edith, Jason und der Barista versuchten verzweifelt, die Lage zu beruhigen.
Bedarfsorientierte Sexualität
Der Einfluss der Leerstelle
Informationskontrolle, Homilie
Vor uns Autos, die aussehen wie Turnschuhe. Das Italienisch, das wir an der Autobahnraststätte hören, regt zu Dauergesang an: Lasciate mi … Chi non lavora … Felicità …
Im Schatten des großen Leuchtschilds: AGIP. Im Hintergrund, nur noch knapp zu sehen, die letzten Berge. „Dass es die Alpen gibt, ist ein Problem“, aber nicht, wenn man lediglich durchzufahren braucht. Als Kulisse machen sich die Alpen gut.
Lift noch als Limonade, Feuchttücher von 4711, mit Handtüchern und T-Shirts verhängte Seitenfenster, Fleisch in Alufolie. Meine Kindheit war eine glückliche, jedenfalls in diesen Phasen.
Thy soul
Grown delicate with satieties,
Atthis,
O Atthis,
I long for thy lips.
I long for thy narrow breasts,
Thou restless, ungathered.
Pound, Ίμερρω
50 Leute erstickt im LKW | und „bevor“ sagt der Freund
„sie hier ankommen, brennen schon die Lager“
Sie wolln doch nur weg
ihre Kinder schützen, sich selbst schützen
wollen nicht brennen
nicht die Arme finden ihrer Liebsten, beide
einen rechts, den andren links am Weg mit drei
weggeschnittenen Fingern | wollen nicht
hungern nicht | gekreuzigt werden | wollen
nicht die Hunde an den Hoden | die Brüste abgeschnitten
die Vaginen mit der Kacke der Warlords gestopft | wollen
wie My Lai ‘68 nicht | die Handgranate hineingeschoben
nicht zwei Suren mit dem Colaverschluß | geschnitten
in die Wange und die Zunge | herausgeschält aus der Tochter
O Frieden der Mauern | ihn wolln sie nur auch
während im Hintergrund wieder geschachtert um Umsatz
aus Waffen | melden die Schlepper die Fracht
in Brüssel um Klarheit wie Panzer und Brüssel berichtet
Entkerner für Kirschen eignen sich gut für die
Augen | Extraktion
wollen nicht hungern | schon „Wirtschaftsflüchting“
ein Wort für die Gschaftlbarbaren
und in den Städten (in Tokyo gesehen) Städte aus
Zelten | Wellblech in Mumbai (in Bombay gesehen)
Es floriert die Büchsenindustrie
Gestern sagte ich zum Freund, als die Nachricht von den Erstickten kam, „Europa hat seine (ihre?) Mauer gebaut, was wird denn erwartet?“ Nichts läßt das Illegale besser florieren. Ich frag mich, wer da mitverdient. Und hier die Angst um die Arbeitsplätze für
Nichtausgebildete
die doch ganz selbst keinen deutschen Satz fehlerlos aufs Papier bekommen
und erheben sich über das Elend der andern.
Ich war erschreckt, ein bißchen erschreckt, als ich an >>>> Thetis dachte, womit ich es anfing, was ich drin schrieb vor fast zwanzig Jahren, vorhersah „Europa“,hätt ich denn gesehen, wär nicht nur meinem Instinkt gefolgt, der meiner wohl nicht war – was alles längst geschehen | eingetreten was die Welt werd‘ | ward
und hielten mir die Grausamkeit vor | „das darf man nicht sagen!“
sagte J.Sch., „du bist unmenschlich“ und verhängte die Sperre
Maulsperre | kommt sich noch aufgeklärt vor und human
Was ich nicht sehe, das ist nicht
O altes Lied der Satten
War ja weit weg, die Schlachterei | „sind ja nur Schwarze“:
was man freilich nicht ausspricht, nicht einmal denkt aber
fühlt | wie man Frauen wegen der Titten
undsoweiter | „Die Fernsehsendung mach ich doch nur,
weil ich dann“ (der fette Sack) „Frauen bekomme“: | purer O-Ton
anno zwotausenddrei | halb ein Jahr später zerbarsten die Türme
doch nicht seither, vorher schon Grauen um Grauen
Balkan Sudan | fünfhunderttausend Kinder ein Opfer
das Albright bitter sich selbst bracht‘ | (die eignen studierten,
wert das Embargo, an Williams Columbia, hab ich gelesen)
– is‘ auch egal, war nur das Pech und der Teer in der Wolle
die in die Folter voraus|leuchtet: Man kann den IS
kaum unmodern nennen –
Was da in Gang kam | Europa wird‘s zahlen
müssen | so oder so | „so“ meint den Krieg
und die Barmherzigkeit „so“: wenn wir bereit
sind zu lieben | Der nächste Strom wird übern Pontos
fließen, und „Flüchtling“ ist ein Zungenbonbon | Euphemismus
für Unbe|rührbare | Wie
kann ich da ruhig noch | >>>> Steine sehen? | Sehe
„Mauern“ anders | Als wären Menschen frostiger Wind
und wir mit um uns gebogenen Rücken | kauern im Sommer auf Frühling