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Das direkte Streuen der Herzen war grundlos

Andere originelle Theile schwebten herbei; choreografiert
    (hohes Maß an Step 1, Step 2)
    aufgemalte Schritte, Gold=Step Silber=Step
    (Vaslav Nijinsky tanzt einen Faun, übergibt sich erst später hinter
der Bühne in das Costume der ihm schwanenden Kollegin, Pirouettchen
Pinimini. Während die Kotze zu einer Giraffe verläuft, züngelt ihr
Sopran heroisch
    – Ich nehme alles
    erhebt sich & hüpft gen Umkleide; setzt sich centimeter tiefer
auf einen Stein, seine Wanderschaft ebenfalls ein Geheimnis, wie sein
Schall, sein Alter; Bergfüße ragen oben seitwärts heraus, dieses
verblüffende Gaze, seine Formwandlungen. Noch habe ich nicht die Farben
erkannt, bleiche Tochter, grüngelb die Farben
    (oder das ausgebeinte Husarenstück)
    Kamm des Gestern, schön weit hoch von ungerühmter Abstinenz der
Klänge, außerhalb der verpothenen Zone steht die mobile Maniküre bereit;
Tromm frrrr elwirbel : Ovatter, könntest Dich mit dem
Rappen=Punzel messen : die Landsknecht=Trommeln sonoren langkammrig, die
Schnarre verunglimpft Stille, zunächst leise, dann immer lauter, jung,
schön, mit prächtigem Blondhaar. Es wird später gewesen seyn eine
vollkommene Hinrichtung mit eigenem Herd
    (Siedwasser sprudelt & sproint munter für den Thee nachher, der
hat ein wenig was von jedem & jeder darf mal munden mündeln müffeln)
    die Ilias liegt auf dem Tüsch, sanftes Schwertklirren entweicht dem
liebenswerthen Taschenbuch, fantastischer Morast, wenn man die Seiten
blättert)
    sie trat aus dem Haus, konnte frey sprechen im lodernden Gras,
Farbklatsch stand unter den Bänken mit dem Horn, kümmerte sich um den
Rest. Irgendwann hatte es immer einen Anlaß gegeben, war etwas
Unerklärliches geschehen, so daß die Sonne mit ihrer Kraft aufscheinen
konnte. Am Waldrand bewegte sich etwas, wo das Haus mit den 100 Köpfen
stand.
    Sie
    (die früher eine Serviette war)
    trug ihre Schuhe in
den Händen, eigentlich elegant an den Fingern, zu klein ihr Ring, zu
klein auch das Kettchen mit einem Bild von morgen, leuchtend im
Thorbogen, gemeißelt aus Ardennenstein. Allerdings gab es eine
Eigenschaft, die verschwiegen bleiben mußte, aufzusuchen mit geringer
Qualität.
    Er bekam Antwort vor Holzdächern & hölzernen
Pfannen von einem Mädchen mit langen blonden Zöpfen, mit dem Finger nach
rechts schlug sie einen Kreis. Ein heilloses Durcheinander durch eine
trübe Tasse erspechtet, verzerrt spuckend; die Eckkneipe : da trampelt
sie schon herein, schreit
    – Alle mal herhörn ! Wer !?
    aber
das wußte keiner, niemand wußte es, dem Hydranten zum Trotz, von
Feuerbowle genaschter Falt=Tropfen, Abfall abgefallen, außerhalb links :
Sonnenschein
    (derselbe von oben & weiter unten im Text)
    noch im Eckenerkerfenster.
    Sie nahm den alten Rasierpinsel ihres verstorbenen Mannes aus der Schublade, tauchte ihn in das Blutgefäß
    (ein schönes & werthvolles Erbstück ihrer geisteskranken Muhme)
    und pinselte sich den Teint – man mag es drehen und wenden – rot.
    – Wo ist der Daimonenjunge mit dem Kopf ?
   
es gab Essen in schaler Dunkelheit. Es gab Gebein unter dem
Schreibtisch, abgeschabt, staubumfangen. Viele dieser Aufzeichnungen
gingen im Feuer auf, die Buchstaben verendeten in der Luft, der
Geschmack war der nach Zitroneneis. Aus dem Geist des Pedals erhoben
sich unbekannte Formen, man kann nicht behaupten, daß es einen
Anhaltspunkt dafür gab, ein Gerücht, vielleicht auch mehrere, gesäht von
einem zweifelnden Mund, dem bald die Lippen sprangen, die Fetzen Blüten
ergaben.
    Als die Sache aufflog
    (ein Marsch in den Süden)
    sündige
Beine rasiert & voller Autobahn. Die Klinke war gebogen & aus
Metall, eine kühle Halle mit Rauhputz & Kahlheit : die Reden der
Königin in Ausschnitten, ein halbes Bureau, einfach nur Halluzination,
auf den Tischen traten kleine Lampen auf, Du kennst sicherlich die
Geschichte dieses kleinen Landes, die verurtheilten Todesmasken,
Freybier & auch kostenlosen Wein. Weiter vorn brannte kein Licht,
die Lichter des Dorfes; wo er hinschaute, nur Gesichter – und kein
Gesicht hatte der Zahn der Zeit zerstört. Das Haar schimmerte fast
golden, ein Stirnband hielt die Flut zusammen. Schattenhaft die Umrisse,
Dunkelheit nur ihr Schatten. Ich mußte vorsichtiger sein, der breite
Strom trennte beyde Gebirge, wir rollten ins Dorf, in den Fenstern
steckte natürlich kein Glas mehr, abgehauen auch : das Personal.
Weißgrüner Schimmel bedeckte die Wände, die alten Holzbänke, es gab noch
den Tresen. Hier unten roch es muffiger & feuchter, vor unseren
Fußspitzen lag ein quadratisches Loch.
    Die verdrehten Schritte näherten sich kostenlos, das Gewölbe stank
    (welch ein Wunder bey gutem Wurm, bey Regentropfen, die tiefer gingen)
    fernes Lächeln
    (die Edamer Katze)
    meist achtet der Wind nicht darauf, wo er hintritt
    (die verdrehten Schritte)
   
sein Spiel dem Zufall überlassen & nur durch das Medium großer
Künstler lernen wir die Wirklichkeit kennen, angestachelt von den
unterschiedlichen Luftschichten, aufzuklauben, was sich nicht an etwas
anderes krallt. Es waren die Gewichte, die ihn herausforderten, der
unheilvolle Geruch der Maronenbäume darf nicht durch das Fenster
drängen, der erstickende Rauch der Kamine
    (Du wirst Wasser sein, dann und wann Wasser sein)
   
hier ist das Schnitterfest vorbei, die Äpfel liegen rund & schön,
keine Schürze hängt an einem Haken, Jauche füttert die Bächlein, die
durch die Wiese gehen, ein stummes Firmament trägt die Atlaskugel, nicht
der Titan selbst
    (Missy. She was rescued by an animal charity. We had her far over 16 years, before a stroke took her away.)
   
Exploitation der Produktion ist dann zu purer Schönheit erstarrt, wer
nicht zaubern kann, billiger Stoff, verspätete Sätze im Mist
   
(auf den Balkonen drehten altehrwürdige Damen mit zitternden Händen an
den Operngläsern, die ihnen die Fruchtkolben der Jugend heranholten)
   
die Schwester erstickt beinahe brav an einem Samenschuß, den sie dann
aus ihrem falschen Hals mit Tränen schwemmt, die nie wieder so rein seyn
werden, so gemüsebrühig pikant, wie an diesem Tag der Asche, die aus
dem schlottrigen blankbusigen Schlot pfeift, Fruchtfleisch des Lichtes
also, Raumleib & Leib in Zeitgang
    (affentheuerlich & naupengeheuerlich)
   
wir kommen in keinem Buch vor, in das wir uns nicht selbert
hineinschreiben. Angeschissene Wände sieht der Wanderer auf sich zu
   
Blutkloaken, abgerissene Euter von Mensch & Maschine, Sickergruben
& Sand, Geklapper entzwei’ner Dachrinnen, Daimonenspocker &
Ratten Ratten Ratten, mit den Schwänzen anWäscheleinen geklammert
    (die verdrehten Schritte)
    – Hallo!
    (und ich auch : Hallo!)

Aus meinem Tagebuch

5. März 2014

Schlecht geschlafen. Tigerte durch die Wohnung. Selbst das Cellospiel konnte weder mich noch die Nachbarschaft beruhigen. Schrieb auf dem Klo ein Sonett mit dem Edding auf die Kacheln. Als ich es gar nicht mehr aushielt, weckte ich meine Frau. Geteiltes Leid ist halbes Leid. Jetzt Pizza, obwohl Adorno davon abriet. Man trägt seine Risiken als selbstständig denkender Intellektueller.

6. März 2014

Ohrenschmerzen. Werden die in Fachkreisen nicht als Geniekrankheit bezeichnet? Traumlose Nacht. Sollte mehr schweres Essen vor dem Schlafen vertilgen, um auf mein Quantum Albtraum zu kommen, das ich so dringend für meine Schreiberei benötige. Große Pläne wollen an diesem Tag verwirklicht werden. Versuchte den Stuhlgang durch immense Mengen Kaffee anzukurbeln. Sollte den Zigarettenkonsum einschränken. Erwache bereits mit einer brennenden Kippe. Das wird irgendwann noch in die Hose gehen. Vielleicht wäre es ein Anfang, die Poster von Böll zu entfernen. Böll, rauchend beim Schreiben, rauchend beim Spülen, rauchend bei der Verleihung des Nobelpreises. Spielte auf der Trompete das Wecksignal aus der Soldatensymphonie von Herrlich. Großer Auflauf in meinem Arbeitszimmer. Begeisterungsbuhrufe.  Werde mich jetzt noch eine kleine Weile ausruhen, bevor ich weiter an meinem deutschen Vergangenheitsroman schreibe, über den die Kritiker momentan so lebhaft streiten. Dazu später mehr. (Stichwort: Der deutsche Vergangenheitsroman steckt in der Krise!)

Abends: Habe den ganzen Tag an meinem Roman geschlafen. (Der Kopf lag auf der Tastatur. Erwischte ein rollendes Lewitscharoff-R, das wie eine Tsunamiwelle über den Bildschirm schwappte.) Später Klingelmännchen bei Löfflers, die zwei Straßen entfernt wohnen. Meine Frau meinte, die Löfflers dort hätten nichts mit der Literaturkritikerin gemein. Egal. Hier tritt die Namenshaft in Kraft. Die anderen Nachbarn, bei denen ich Klingelmännchen “spiele”, müssen schließlich auch unter ihren Namen Walser, Karasek und Mangold leiden. Jetzt ein Cappuccino, auch wenn Kant in seinem Aufsatz “Kritik der Kaffeekultur” vom Verzehr dieses Getränks, “das jeglichen kategorischen Geschmacks entbehrt”, abrät.

7. März 2014

Bin krank. Erzählte meiner Frau, dass die Welt gerade unterginge. Bat sie, Trauerkleidung anzulegen. Sie meinte, ein Schnupfen hätte noch keinen umgebracht. Ließ mich von den Kindern an den Schreibtisch schleifen, damit man meine Leiche mit der Nase in der Arbeit zu meinem letzten Roman findet. Nachdem ich angeschnallt und nicht mehr in der Lage war, auf den Boden zu stürzen, musste meine Frau bei Suhrkamp anrufen. Sprach über den Lautsprecher mit ihnen. Ich sei der Totgeweihte, erklärte ich mit nasaler Stimme. Aufgelegt. Nächster Versuch. Ich bin die Stimme der deutschen Vergangenheitsliteratur. Wieder aufgelegt. Um meinen Zorn zu kanalisieren, ließ ich anschließend bei Rowohlt anrufen. Sagte kein Wort. Sie fragten zweimal nach, wer da sei, bis sie erzürnt aufgaben. Die Rache ist mein. Jetzt werde ich Zigarettenrauch inhalieren. Die Gesundheit geht vor.

Abends: Lag dem Sofa auf der Brust. Horchte es ab, neben mir Dr. Westphal, mein neuer Psychiater, der mich zu meiner Kindheit befragte. So vieles kam hoch. Die peinlichen Momente vor dem Tribunal aus Eltern und Tanten, die mich zwangen, in einem Eileiterkostüm vor ihnen auf- und abzumarschieren. Westphal führt meine Inkonsequenz, die mich des Nachts befällt, auf diese frühen Erlebnisse zurück. Rammdösig lauschte ich seinen Ausführungen zu Freud und dessen Theorie über Männer, die den Wunsch verspüren, mit einem Zwieback zu kopulieren. Meist stände das traumatische Erlebnis eines leeren Regals am Anfang einer solch verzweifelten sexuellen Entwicklung. Als ich Westphal versicherte, nie etwas mit einem Zwieback gehabt zu haben, auch an leere Regale könne ich mich nicht entsinnen, erhob er sich erbost und stürmte ins Schlafzimmer. So wolle und könne er nicht arbeiten. Trotz seiner Abneigung gegen mich, scheint Westphal bleiben zu wollen. Werde heute Nacht wohl oder übel im Wohnzimmer nächtigen.

Später: Meine Frau sitzt vor dem Fernseher. Schrieb diverse Mails an die großen Tageszeitungen, in denen ich auf meinen gerade entstehenden Roman hinwies. Bat darum, nicht aus den Teilen, die ich als Anhang mitschickte, zu zitieren. Das könnte einen langwierigen Rechtsstreit zur Folge haben. Ansonsten, auch dies schrieb ich, sei ich ein harmoniebedürftiger Kerl. Umgänglich, wie meine Freunde sagen, die einen Bogen um mich machen. Heute Abend wird es noch einen Film von Arne Jakobson geben, nicht im Fernsehen, sondern auf DVD. Ein Arthouse-Porno, der im Schimmelkäseherstellermilieu spielt. Alles im frankokanadischen Original mit französischen Untertiteln. Westphal ist zum Glück verschwunden.

8. März 2014

Die ganze Familie ist inzwischen an der Geniekrankheit Ohrenschmerzen erkrankt. Bei Schopenhauer kann man bereits darüber lesen. Über seinen Hang zu Ohrenschmerzen und warum ausschließlich Genies daran leiden. Wie auch an dem Unvermögen, Rechenaufgaben zu lösen. Und staubsaugen können sie auch nicht. Alle sind krank! Alle sind Genies! Ich fühle mich unwohl wie seit Jahren nicht. Versuchte meiner Frau und den Kinder einzureden, dass ihnen nicht die Ohren schmerzen, sondern der kleine Teilbereich daneben, wo bei anderen das Hirn sitzt. Um gleichmäßig zu atmen, um meine innere Mitte wieder zu erreichen, las ich in Blochs “Prinzipiell schon”, in dem er über die Ausreden moderner Genies schreibt. “Würdest du?” – “Prinzipiell schon, aber …” Seitenweise Geschwafel. Warf es in die linke Ecke des im Kinderzimmer aufgebauten Tors und vergnügte mich stattdessen mit “Zwei geile Knödel” von Josefine Mützenberg. Jetzt onanieren, wer weiß, vielleicht setzt sich die Büchner-Preisträgerin und Inquisitionsbeauftragte Lewitscharoff durch, die ein Verbot der morgendlichen Handgymnastik für weise hält.

Auszug aus “Zwei geile Knödel”: Geil knetete er meine beiden Knödel, die ich erst frisch an diesem Morgen in einen BH gezwängt hatte, der nun achtlos weggeworfen neben dem Bett lag. Wie ein Tier, das erlegt worden war. Traurig schielte ich zum BH hin, der sich nicht rührte, bis mir einfiel, dass er dazu gar nicht in der Lage war. Robert lag indes auf meinen Körper wie auf einer Aussichtsplattform, steif wie ein Scharfschütze, der sich auf seinen Schuss konzentrierte, der, bei der Größe seines kleinen Wurms, ich sah es ein, auch sein Ziel verfehlen konnte. Und tatsächlich, als hätte ich besser nicht darüber nachgedacht, erlegte er die Innenseite meines Oberschenkels.

meer – vom erfinden zur empfindung

meer aquarell

meer – vom erfinden zur empfindung ist es nur ein buchstabensprung

in der nacht kommen die silberfische aus ihren verstecken. was bunt war, wird blass. eine frage des lichts und wie es sich bricht. letztendlich geht es immer um die brüche.
morgens um 3.30 h ist die dunkelheit vor dem fenster ein unbehauster wellenkamm. manche dinge bleiben eine weile, während andere kaum an die oberfläche dringen. wie leise betende stimmen aus orten, jenseits der zeit. wer gibt dir das recht, die stille zu durchbrechen? ich frage nicht dich. du heißt immer ich.
einer ist der lehrmeister und nennt sich schüler. und die silberfische verschwinden in einer geschichte ohne sinn.

muetzenfalterin

„Das Schreiben ist nichts anderes als ein Kampf, den der Künstler mit den Menschen um seine hervorragende Bedeutung kämpft“ (Essay)

Ist Witold Gombrowicz’ Tagebuch so etwas wie die Urform des literarischen Weblogs? Diese Frage stelle ich mir, seitdem ich angefangen habe, die gesammelten Tagebucheinträge zu lesen. An einer Stelle schreibt er: „Ich schreibe dieses Tagebuch nicht gern. Seine unredliche Aufrichtigkeit quält mich. Für wen schreibe ich? Wenn für mich, weshalb wird das gedruckt? Und wenn für den Leser, weshalb tue ich so, als spräche ich mit mir selbst? Sprichst du so zu dir, daß es die anderen hören?“ (S.59. Alle Zitate aus: Witold Gombrowicz: Tagebuch 1953–1969. Fischer Taschenbuch 2004 bzw. Carl Hanser Verlag 1988) Wer ist dieser Herr Witold, dieser Gombrowicz? (Ich möchte, übrigens, um Nachsicht bitten dafür, daß ich mich mal wieder nicht mit der aktuellen Literaturproduktion beschäftige; ich weiß, da heißt es wieder, der Schlinkert mit seiner seltsamen Neigung zu Gutabgehangenem, zu all diesem alten Zeugs … doch wer mich kennt, der weiß, daß ich mich ausschließlich mit aktuellem Gedankengut beschäftige, ob es nun diese Sekunde veröffentlicht wird oder von Hesiod stammt.) Also: Gombrowicz, Witold, polnischer Schriftsteller, großer Erfolg in Polen 1938 mit seinem ersten Roman ‚Ferdydurke’, einem wunderbar absurd-komischen Roman mit hintergründigem Ernst, der imgrunde auch einen Diskussionsbeitrag zu der Frage darstellt, wie es um den Diskurs zwischen den altständigen und den modernen Polen bestellt ist. Im Jahr 1939 wird Gombrowicz in Buenos Aires vom Ausbruch des Weltkrieges überrascht und bleibt bis 1963 in Argentinien. Dort kleiner Bankangesteller zwecks Lebensunterhaltssicherung, ist er aber vor allem Schriftsteller und – quasi öffentlicher – Tagebuchschreiber, denn von 1953 bis 1969 werden seine jeweils nur mit dem Wochentag datierten Eintragungen in der in Paris erscheinenden polnischen Exil-Zeitschrift Kultura veröffentlicht. (Siehe dazu: Editorische Notiz. a.a.O. S.993.) Es ist also zunächst eine nur kleine Öffentlichkeit, bis dann 1957, 1962 und 1967 polnische Buchausgaben erscheinen.

Was nun macht Witold Gombrowicz so aktuell? Im Klappentext der Taschenbuchausgabe heißt es, Gombrowicz’ Überlegungen zu Themen wie Marxismus, Katholizismus oder Homosexualität seien unerwartet und wiesen auf verblüffende Zusammenhänge, sie seien aufschlußreiche Pamphlete gegen jedwede Lüge und Ideologie – so weit, so gut. Was mich nun unter anderem besonders interessiert sind aber die Fragen, die ich mir als „literarischer Blogger“ stelle (was für ein ekliger Begriff dieses „Blogger“ doch eigentlich ist, fast kommt es einem hoch!), denn wenn das literarische Weblog Literatur ist, die sich vermittels neuer technischer Möglichkeiten direkt und unvermittelt aktuell an Leser:innen wendet, dann scheinen mir diese Tagebuchbeiträge, zumindest in ihrer so schnell als möglich gedruckten Form, als eine Ur- oder Vorform des literarischen Weblogs. Der Vergleich mit Alban Nikolai Herbst’ Die Dschungel. Anderswelt drängt sich dabei geradezu auf, und das nicht nur, weil Die Dschungel ohne Zweifel einen bedeutenden Beitrag darstellt zur zeitgenössischen deutschsprachigen Literatur (möge die Literaturgöttin dafür Sorge tragen, diese Beiträge der Nach-Welt zu erhalten!), sondern vor allem, weil beide Schriftsteller eine kompromißlose Haltung zu allem was Literatur ist und sein kann offen (aus)leben, weil beide sich mit einer hohen Risikobereitschaft an ein oder ihr Publikum wenden, ohne Liebedienerei und falsche Bescheidenheit. Deckungsgleich sind die Ansätze deswegen natürlich nicht, schon allein dadurch bedingt, daß ein Alban Nikolai Herbst dem tagebuchartigen Eintrag meist unmittelbar Weiteres folgen läßt, nämlich als direkte Reaktion auf Leser:innen-Kommentare. Diese Unmittelbarkeit ist sicher das eigentlich Neue und erweitert das Genre des Tagebuchartigen.

Vor- oder Urform also des literarischen Weblogs der Haltung zum Schreiben, zum Künstlersein wegen und vor allem auch aufgrund der so gelebten und gestalteten Beziehung zu den Leser:innen!? Doch birgt diese Art, sich an ein Publikum zu wenden, naturgemäß auch allerlei Gefahr in sich – die nämlich, sich trotz aller Offenheit selbst in die Tasche zu lügen. Gombrowicz schreibt: „Die Falschheit, die schon in der Anlage meines Tagebuchs steckt, macht mich befangen, und ich entschuldige mich, ach, Verzeihung … (aber vielleicht sind die letzten Worte überflüssig, sind sie schon affektiert?)“ (S.60.) Dies schrieb er 1953, und man sollte bedenken, daß er als Exilant in einer dauerhaft mißlichen Lage war, schon allein deshalb, weil er sich seine Leser unter seinen (fernen) Landsleuten zu suchen hatte und sein Heimatland zugleich noch unter der Knute des Stalinismus wußte  – wenngleich, auch das scheint mir bedenkenswert, er immerhin als Fremder in einem Land auch durchaus kleine Freiheiten hatte, die ein einheimischer Künstler, der sich als Künstler im eigenen Land fremd fühlt, was nicht selten der Fall ist, niemals haben kann. Was aber trieb nun unseren Autor zu dieser öffentlichen Form des Schreibens, zum reflektierend-nachdenklich-erzählenden Tagebuch? Das zuletzt Zitierte weiterführend schreibt Gombrowicz: „Dennoch ist mir klar, daß man auf allen Ebenen des Schreibens man selber sein muß, d.h. ich muß mich nicht nur in einem Gedicht oder Drama ausdrücken können, sondern auch in gewöhnlicher Prosa – in einem Artikel, oder im Tagebuch – und der Höhenflug der Kunst muß seine Entsprechung in der Sphäre des gewöhnlichen Lebens finden, so wie der Schatten des Kondors sich über die Erde breitet. Mehr noch, dieser Übergang aus einem in fernste, fast untergründige Tiefe entrückten Gebiet in die Alltagswelt ist für mich eine Angelegenheit von ungeheurer Bedeutung. Ich will ein Ballon sein, aber an der Leine, eine Antenne, aber geerdet, ich will fähig sein, mich in die gewöhnliche Sprache zu übersetzen.“ (S.60.)

Vereinfacht gesagt ringt Gombrowicz in seinem Schreiben insgesamt darum, als Künstler Mensch und als Mensch Künstler zu sein – daß dies nicht im Verborgenen und nicht in aller Bescheidenheit vor sich gehen kann, liegt in der Natur der Sache. Anmaßung ist hier das Stichwort, und wer Alban Nikolai Herbst’ Die Dschungel in den Jahren aufmerksam verfolgte, der weiß, wie oft Kommentatoren Herbst angriffen wegen seiner vermeintlichen Eitelkeit, seiner vermeintlichen Großtuerei. Auch Gombrowicz muß diesem kleingeistigen, imgrunde unterwürfigen Denken ausgesetzt gewesen sein, denn er bezieht klar Stellung zur Seinsweise des Künstlers (und weist zugleich seinem Tagebuchschreiben, indem er es nicht für sich behält, den Sinn und Platz innerhalb seines Gesamtwerkes zu). Er schreibt: „Ich weiß und habe es wiederholt gesagt, daß jeder Künstler anmaßend sein muß (weil er sich einen Denkmalssockel anmaßt), daß aber das Verhehlen dieser Anmaßung ein Stilfehler ist, Beweis für eine schlechte »innere Lösung«. Offenheit. Mit offenen Karten muß man spielen. Das Schreiben ist nichts anderes als ein Kampf, den der Künstler mit den Menschen um seine hervorragende Bedeutung kämpft.“ (S.61.) Dschungel-Leser wissen, daß Alban Nikolai Herbst dieselbe Überzeugung lebt, die er in seinem Weblog den Lesern folgerichtig nicht vorenthält. An einer Stelle schreibt Herbst: „Künstler jedenfalls, wenn sie das sind und also etwas zu sagen haben, kämpfen mit offenem Visier. Ausnahmslos. Schon, um ihre ästhetische Position zu bestärken, was wiederum ihr Werk stärkt und durchsetzt.“ (Interessant hier die doppelte Bedeutung von Durchsetzen: einmal im Sinne von Durchdringen, das andere Mal im Sinne von Erfolg auf dem Literaturmarkt.)

Das zugleich intime und zur Einsichtnahme gedachte Tagebuch ist ja bekanntermaßen keine Erfindung unserer Tage, das sei noch kurz angemerkt, sondern ist hierzulande seit gut dreihundert Jahren Bestandteil der literarischen Welt. Oft wurden Tagebücher zu Memoiren, eigenen Lebensbeschreibungen bzw. Autobiographien oder auch Romanen verarbeitet, man denke nur an die Memoiren der Glückel von Hameln (Ende des 17., Anfang des 18. Jahrhunderts, veröffentlicht 1910), Ulrich Bräker, Salomon Maimon, Adam Bernd, Heinrich Pestalozzi, Johann Heinrich Jung-Stilling, Karl Philipp Moritz und viele andere, wobei die gezeigte Offenheit oftmals einen stark aufklärerischen Impetus hat (Adam Bernd, Pestalozzi, Jung-Stilling), durchaus aber auch schon den Protagonisten zugleich als Künstler heraushebt (Bräker, Moritz), der als solcher das eigene Leben schreibend auf eine Art offenbart, die auf eben diese künstlerische Art hinaus in die Welt muß. Die Möglichkeit, als Schriftsteller Tagebucheinträge (so wie Gombrowicz) fast unmittelbar in einer Zeitschrift, beziehungsweise sie heutigentags tatsächlich unmittelbar auf einer eigenen Website unter Klarnamen zu veröffentlichen, ist somit nichts weiter als eine Erweiterung der Möglichkeit, in aller Offenheit und auf zugleich höchstem Niveau als Künstler zu sein und zu wirken und (s)ein Werk zu schaffen.

Die göttliche List – ein Purim Schpiel (Entwurf 1)

Prolog

DER NARR: Seht her, die Bühne ist heut’ zaubertoll
von finst’ren und von listigen Gestalten.
Wir alle sind verwandelt, uns’re Gläser voll
nicht nur vom Wein, auch weisem Rat der Alten.

Ich bin’s, der Narr, der scheinbar nur ist närrisch,
der euch erzählt ein lehrreich’ Maskenspiel,
wie man sich wehrt dagegen, was sich herrisch
gegen uns gewandt und gegen Menschlichkeit als Ziel.

Nicht nur zur Zeit in Persien gab es nichts zu lachen,
auch heut’ noch gibt es welche, die zum Eigennutz
nach and’rer Wohl und Leben trachten,
verborgen hinter neuer Mauern Schutz.

Doch seht, wie man mit gottgegeb’ner List
und ohne jed’ verschlag’ne Tücke
am Ende doch derjen’ge ist,
der lachend schließt die Trauerlücke.

Denn wer zuletzt lacht, lacht am besten
und trinkt den Kelch zur Freude leer –
mit Feinden, die geworden sind zu Gästen,
wenn wir uns machen nicht das Leben schwer.

Die Verschwörung

AHASVEROS: [sichtlich trunken] Ich bin Ahasveros, ein guter König,
weil vielen alten Wein ich hab’ in neuen Schläuchen.
Ich schenk’ ihn gern euch allen ein und stöhn’ nicht.
Doch wenn er schwappt in meinen schwang’ren Bäuchen,

geschieht’s, dass man mir Trunk’nem flüstert ein,
dass solcher Wein doch fließe nicht genug,
wenn Fremde gössen sich davon in uns’rem Lande ein.
Die tränken einfach mit und solches sei Betrug.

HAMAN: [diplomatisch säuselnd] Wohl wahr, mein König, an eurem Busen saugen
Schlangen mit, ein schlimmes Volk von Bettlern.
Die wollen uns und uns’ren Wohlstand auszerlaugen
und machen ohn’hin überall nur schlechtes Wetter.

So bin ich dir ein treuer Diener, wenn ich empfehle:
Ich schaff’ sie dir vom Leib durch Mauern, die sind Mord.
Wir lassen keinen rein in deine Hofgefilde,
und wer doch kommt, den jagen wir gleich fort.

DER NARR: So sprach der Satte (einst wie heut’) sich selbst
und seinem König aus der schwarzen Seele.
Und lauschst du auf den Straßen: es gefällt
so manchem, dem der Hass so heimlich schwelte

in vom Wohlstand stolz geschwellter Brust.
Und jene riefen: Ja, wir haben nichts zu teilen,
schon gar nicht uns’re feiste Lust.
Woher die kamen, da sollen sie auch bleiben!

Und so geschah’s, Ahasver folgte falschem Rat.
Und so geschieht’s noch immer heute in Europa,
jener Festung, die dem Mitmensch gute Tat
verweigert und aussperrt all die „And’ren“ aus Utopia.

Die erste List

MARDOCHAI: [im Bettlergewand vor Ahasveros tretend]
Ein solcher bin ich, der hier vor euch tritt,
nicht euren Wein, doch euer Mitleid achtend.
Bevor ihr zum Gesetz erweitert jenen Schritt,
bedenkt, dass and’re als wir euch nach dem Leben trachten.

Es ist zum närrisch Werden, was geschieht!
Lasst euch darum nicht von den falschen Zungen narren.
Vielmehr erkennt, wie Narren, den’n die Narrheit flieht,
euch vor dem Irrtum woll’n bewahren.

AHASVEROS: Was willst du, weiser Mann, mir raten?
Dass ich auf dich hör’ statt Vertraute?
Zu trunken bin ich wohl, dass solchen Taten
nicht folgen sollte, was solch’ „Whistleblow“ verlautet.

Man kleide dich in meine Kleider, und setz’ dich auf mein Ross.
Für’s erste glaub’ ich dir, mein trauter Freund,
doch ist, was aus der Flasche in mich floss,
noch keine Träne, die dir nachgeweint.

Die zweite List

DER NARR: Tja, so sind die Herrscher, deren Hintern
breit sitzt und schweißig klebt auf Plüschgethrone.
Sie wissen, wie zu überwintern,
solang’ vom Sommerwein sie haben einen in der Krone.

Allein: Obwohl dem Haman solche Abfuhr ward erteilt,
der Schlimme lässt noch lang’ nicht locker.
Er volksentscheidet landesweit
und steigt als Demagoge auf den Hocker.

Das Wandervolk, es passe nicht auf Blut-und-Berge-Erde,
es sei die Plage, die es auszutilgen gilt.
Und ach, er findet in des Heimatvolkes Herde
so manches Schaf, das blökte breit auf seinem Schild.

ESTHER: Doch noch ist unser Tage Abend nicht.
Ich hab’ noch eine List, die wie einst Josef bei dem Pharao
uns kann des Herrschers Gunst verleih’n Gewicht.
Wartet ab, denn jetzt kommt meine Solo-Show! [tanzt]

AHASVEROS: [noch trunkener] Wer bist du, Schöne, die mich so betört?
Von woher stammt dein überhübscher Arsch?

ESTHER: Ich bin aus Juda, dem ich nicht abschwör’,
aus jenem Volk, das du verfolgst so harsch.

Doch sag’, wenn ich dich wie der Wein berausche,
der auch nicht auf den deinen Hängen wächst,
was ist dann wert dein Ohr, das Haman lauschte,
der dir allein den Speichel, doch nicht die Tränen leckt?

AHASVEROS: So sei’s, dass ihr hier lebet und befruchtet
unser karg’ Gebirge zu dem Paradiese,
wo nur des Gotts Natur die Täler schluchtet,
doch nie ein Mensch den Mensch vertriebe.

Epilog

DER NARR: Die Narren, nicht die Herren haben Oberwasser,
all die Träumer von der bess’ren Welt.
Sie träum’n nicht nur, sie sind Erb-Lasser,
dass ein jedes, wo es ist, sich wohlgefällt.

Das war der Auftrag uns’res Gottes, als er uns
die Liebe, nicht den Hass und Neid hat eingegeben.
Und dazu noch die seines Reimens Kunst,
der wir uns einverstanden haben hingegeben.

Und schaut, habt Gott ihr darin je gesehen?
Auch er hat sich zum Purim-Fest verkleidet,
sein Wirken, von dem Her zum Hin zu gehen,
satyrhaft und wie ein Flüchtling sich verschleiert.

So ist das Fest, das wir heut’ feiern,
ein Fest der Liebe und – der List,
die manchmal, uns von Lästen zu befreien,
muss Licht sein über finst’rer Zeiten lange Frist.

Links:
Infos zum jüdischen Purim-Fest
Das Buch Esther
„lern! denk! schieß!“

Inhalt 04/2013

Die Lesezeichen-Ausgabe 04/2013 erschien am 14. Januar 2014.


In dieser Ausgabe:
Drohnen und Schreibwerkzeuge, lachende Möwen und revanchierte Narben, die Lyrikproduktion im 19. Jahrhundert, alte Bäcker und Krötenschleudern, Lektorate ausgeschickter Fäden, Daniel Odija und Rainer Maria Rilke, schlummernde Brunnen und Glockenumzüge, die lefzenden Felle des Francisco Goya, Wandertriebe und Sitzen auf Bänken, Baldrian extra-stark und Kondome, Originalmeisen, Bootcamps, das Gewesene uvm.

INHALT:

Oblivion

Manchmal ist es gut, dass sich Winterabende wie Nächte anfühlen, manchmal stehst du allein draußen auf einem Bahnsteig, du wartest im spärlichen Licht auf einen Menschen, der dir einmal alles war, dein Atem steigt schnell und weiß nach oben, wo ein Scheinwerfer abkippt, durch ein leeres Bürogebäude fährt, als wollte er Schreibtischen und Drehstühlen durch die Haare wuscheln. Und du schaust von fern auf Berlins Silhouette, und du stellst dir vor, wie weit wir alle hätten kommen können, wenn wir das mit der Missgunst ausgelassen hätten. Wenn wir nicht damit angefangen hätten, uns bei Fremden für unsere Narben revanchieren zu wollen. Wenn wir einfach nur versucht hätten, besser zu werden, von Anfang an.

lorde // goethe

7. Dezember 2013

skizze zeichnung sequenz

ich sehe den alten gerne
in den mitternachtsstunden wenn es draußen viel zu staubig zugeht
ist er da
barfuß
er bringt mir das meer
er sagt
dort sind die wellen
die möwen sieh wie sie über die zukunft lachen
ihr lachen ist leicht
leicht wie die stimme einer frau
die das licht vergisst wenn es nacht wird
die aufatmet
wenn niemand im stillen kämmerchen weint

ich sehe den alten gerne
weil er das atmen läßt
weil er nicht will dass ich ihm eines singe
ich singe ihm aber trotzdem eines

wenn es nacht wird tragen die
toten dichter das verlassene ins meer

ich seh den alten gerne
sagt sie
man verliert nichts wenn er geht
aber er hinterlässt immer etwas und es ist schön
wenn das bleibt
lorde: royals

lorde // johann wolfgang von goethe

Freitag, 20. Dezember 2013

Anders stand es bei der Lyrik – sie war auch für Leihbüchereien kein attraktiver Geschäftsgegenstand, und es blieb den gesamten Zeitraum hindurch selbstverständlich, daß der Autor den Druck seiner Gedichte entweder gänzlich selbst bezahlte und dem Verleger gegen einen hohen Anteil am Erlös den Vertrieb überließ oder doch zumindest die Hälfte der Druckkosten bestritt. Dieses Verfahren brachte sehr geringe Auflagen mit sich, für die der Verfasser oft Absatzgarantien übernehmen mußte: etwa 250 – 500 Exemplare galten als üblich.
(Reinhard Wittmann über Lyrikproduktion im 19. Jahrhundert in „Buchmarkt und Lektüre im 18. und 19. Jahrhundert“, Tübingen 1982)

Die Schriftstellerei ist gegenwärtig kein Amt, sondern ein Geschäft, und die freie Concurrenz, das Gesetz der Natur, wie der ökonomische Liberalismus sie nennt, erzeugt überall hunderttausend Bettler als Staffage eines einzigen Millionärs.
(Joseph Lukas in „Die Presse“, 1867)

In der Meinung der „soliden“ Leute sowie der hohen Obrigkeit rangiert er zu den Vagabunden und muß es sich gefallen lassen, gelegentlich per Schub transportiert zu werden. Es ist so weit gekommen, daß die Bezeichnung „Literat“ von dem Begriffe der Geringschätzung, der Mißachtung unzertrennlich ist.
(Karl Weller in „Jahrbuch deutscher Dichtung“, 1858)

Wenn es einmal dazu kommt, daß die deutschen Proletarier mit der Bourgeoisie und den übrigen besitzenden Klassen die Bilanz abschließen, so werden sie es den Herren Literaten, dieser lumpigsten aller käuflichen Klassen, vermittelst der Laterne beweisen, inwiefern auch sie Proletarier sind.
(Friedrich Engels in „Die wahren Sozialisten“, 1847)

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