Schlagwort-Archive: Struktur

DIE MACHT UND DAS KIND (noch einmal: Königliche Körper)

Um die Jahrhundertwende vom 18. zum 19. Jahrhundert erhielt der Hofmaler Francisco Goya den Auftrag, die spanische Königsfamilie um Karl IV. zu malen. Goya hatte vorbereitend eine Reihe von Einzelporträts angefertigt, um sie schließlich zu einem großformatigen Gruppenbildnis zusammenzufügen. Unverkennbar orientiert er sich hierbei an Las Meninas von Velázquez, seinem berühmten Vorgänger als Hofmaler am spanischen Hof. Velázquez Beispiel folgend stellt er die Figuren in einem Raum des Palastes auf und sich selbst auf der linken Seite des Bildes vor seiner Staffelei dar.

Velázquez, wie Swetlana Alpers gezeigt hat, entwickelt in Las Meninas ein faszinierendes Spiel unterschiedlicher Ebenen der Repräsentation von Familie und Herrschaft, in dem die ausgeklügelten höfischen Machtstrukturen durch die Überschneidung der Blickachsen von Betrachtern und Dargestellten sichtbar werden. Velázquez kleine Infantin wird durch den elterlichen Blick aus dem Spiegel in den Blick der Betrachterin gerückt, dem sie unverwandt begegnet. Sie ist das königliche Kind, in dem und durch das die Einheit von Herrschaft und königlicher Familie sich herstellt, vor dessen selbstverständlicher Würde und Bedeutung die Hofdame kniet und die Betrachterin sich verneigt. Seitlich hinter ihr steht der Maler, der die Betrachterin in den Blick nimmt, als jene Instanz, vor der die Macht und die Familie inszeniert werden und durch deren Anerkennung zugleich die Ausnahmestellung der mächtigen Familie  konstituiert wird. Die Herrschaft der königlichen Familie wird in Stand gesetzt als selbstverständliches Einverständnis zwischen Herrschern und Beherrschten. Die königlichen Körper sind Träger der Macht, ohne dadurch ihre „Besitzer“ im Stich zu lassen. Die Familie des Königs ist auch im Inneren des Palastes durch und durch königlich. Dass der Maler und die Betrachterin, die Hofdamen und das Königspaar sich der Mittel dieser Inszenierung bewusst werden, wird noch nicht zu deren Denunziation. Denn: Die königliche Familie hat kein „Privatleben“.

Velázquez: Las Meninas

Anders als sein Vorgänger versteckt sich Goya auf dem Gemälde beinahe hinter der dargestellten Königsfamilie, stellt sich hinter der prunkvollen Inszenierung im Wortsinn „in den Schatten“. Von hier aus nimmt er Blickkontakt zur Betrachterin vor dem Bild auf, eine heimliche Übereinkunft zwischen Betrachterin und Maler, von der die königliche Familie ausgeschlossen bleibt. Goyas Gemälde erscheint auf den ersten Blick simpler, schlichter konstruiert als Velázquez´ komplexe Komposition. Die Familie steht aufgereiht vor der Wand, Goya hat sie kaum in die Tiefe gestaffelt. Nur der König selbst und sein Thronfolger treten ein wenig hervor, bilden auch durch die spiegelbildliche Körperhaltung einen Rahmen für die Königin und ihrer jüngsten Kinder. Die beiden Männer, die die dynastische Erbfolge verkörpern, werden von hinten durch die weniger bedeutenden Familienmitglieder geradezu gestützt, aufrecht gehalten: der Kronprinz durch seinen jüngeren Bruder, der König durch seinen Schwiegersohn, den Fürsten von Parma.
Die Enge der Situation, die Goya herstellt, lässt die königliche Familie in diesem Bild „wie an die Wand“ gedrückt erscheinen. Trotz des Prunkes, den ihre Kleidung ausstrahlt, beherrscht die Familie die Bildsituation nicht, sondern muss sich ihr gleichsam „stellen“, wird gestellt durch den Maler und die Betrachterin, zwischen denen sie wie eingeklemmt erscheint. Während die beiden männlichen Stützen der Dynastie sich links und rechts behaupten, weil sie durch die Verwandtschaft noch den Rücken gestärkt bekommen, steht die Königin Maria Luisa prachtvoll geschmückt mit ihren beiden jüngsten Kindern im Zentrum isoliert. Goya liefert die spanischen Bourbonen dem Blick einer Betrachterin aus, die in ihren prächtigen Königskostümen das Schlichte, das Hässliche, das Hochmütige, das Schüchterne, kurz: das Private der Figuren entdecken kann und soll.
Schon zu Lebzeiten Goyas ist darüber gerätselt worden, warum die Königin dieses sie beinahe entstellende Porträt akzeptiert hat. Doch Goyas Darstellung ist nicht karikierend und verletzend; er stellt die königlichen Körper lediglich so dar, wie sie sind: Kostümierte Menschen, die eine Rolle spielen, die Rolle der königlichen Familie. Diese Familie, zeigt das Bild,  steht (noch) zusammen und zerfällt zu gleich in drei Gruppen: die Gruppe um den Thronfolger, die Gruppe um den König, die Königin mit ihren Jüngsten.Die Familiensituation ist konfliktreich und problematisch. Das Private und das Politische kreuzen sich in diesen Körpern, kommen aber nicht mehr zur Deckung. Keine der Figuren nimmt die andere in den Blick. Sie schauen ostentativ an einander vorbei, einige auf die Betrachterin, andere über sie hinweg oder an ihr vorbei. Goyas Bild, indem es die königliche Familie als Privatfamilie zeigt, mit ihren familiären Ähnlichkeiten, ihren Störungen und Entstellungen, kündigt das Einverständnis zwischen Herrschern und Beherrschten auf und verwandelt es zu einem Einverständnis zwischen Maler und Betrachterin. Es ist das neue Wissen darum, dass die Träger der königlichen Körper „auch nur Menschen“ sind.
In den frühen Nuller-Jahren dieses Jahrtausends saß ich wegen einer Arbeit über Goyas Gruppenbild der Königsfamilie am Esstisch, den Katalog aufgeschlagen vor mir. Amazing, mein älterer Sohn, damals etwa 8 oder 9 Jahre alt, trat hinzu und betrachtete die Abbildung im großen Bildband. Nach einer Weile beobachtete ich, wie er sich eigentümlich hinstellte, seine Haltung immer wieder korrigierte, bis er zufrieden war. Ich fragte ihn: „Was machst du?“ Er deutete auf den schönen, kleinen Prinzen in Rot auf dem Gemälde. „Ich probiere aus, wie der Junge dasteht.“  „Und?“ Der Amazing sagte: „Er hat Angst. Er will nicht so dastehen.“ Ich war erstaunt. Aber der Amazing zeigte mir, wie der Oberkörper des Jungen leicht nach hinten kippte und wie fest er die Beine in den Boden stieß. „Und seine Mutter?“ „Hält ihn fest.“ Ich verstand, was der Amazing sagen wollte. Das Festhalten der Mutter, der Königin, war beides: Stütze und Fessel.
Auch Goya, sah ich, hatte wie vor ihm Velázquez ein königliches Kind ins Zentrum des Interesses der Betrachterin gestellt. Zwar steht auf Goyas Gemälde in der Bildmitte die Königin, doch der Blick wird auf den kleinen Jungen in hellen Rot zwischen seinen Eltern gelenkt, der die Verbindung und die Trennung zwischen beiden anzeigt, ausgeschnitten gleichsam aus dem Familienzusammenhang zeichnet sich sein schönes Gesicht vor dem dunklen Hintergrund der Wand ab. Überbetont hat Goya auch den starken Arm der Königin, mit dem sie das Kind an der Hand hält. Wie Velázquez kleine Infantin schaut der Junge den Betrachter direkt an. Aber es ist nicht mehr der selbstbewusste Blick eines königlichen Kindes, das sich seiner Ausnahmestellung von Anfang an bewusst ist, unterstützt durch die Unterwerfung erwachsener Hofdamen unter seine auf der Verwandtschaft zu König und Königin beruhende Autorität. Goyas Knabe wird von seiner Mutter gehalten, die auch Königin ist und ihre Macht inmitten ihrer Familie demonstrieren will. Doch die Macht der königlichen Mutter allein kann dem Kind die Ausnahmestellung nicht mehr sichern, denn an der Mutter selbst wird das Auseinanderfallen von Rolle und Person sichtbar.
Das königliche Kind, der Amazing hat es am Körper gespürt, will sich nicht präsentieren lassen und nicht repräsentieren. Es erfährt, unbewusst, die Gefährdung, die das Auseinanderbrechen von Privatheit und Öffentlichkeit für die Macht der königlichen Familie bedeutet, am eigenen Körper. Nach diesem historischen Umbruch wird der königliche Körper nicht mehr seinem Träger gehören und zugleich dessen Machtstellung repräsentieren, sondern öffentliches Eigentum werden, Paparazzi-Gut. Der Träger des königlichen Körpers wird durch das schauende Publikum von seinem Körper enteignet werden.
An Goyas Bild lässt sich jene bis heute wirkende Veränderung von Präsentation und Repräsentation der Körper der Mächtigen ablesen, die durch die Trennung von Privatem und Öffentlichem im bürgerlichen Zeitalter hervorgerufen wurde. Das Private ist nun zwingend unpolitisch. Die Mächtigen müssen daher auf der Hut sein, nicht zuviel von sich zu präsentieren und die Repräsentanten werden ohnmächtig, wie die bloß noch repräsentativen Monarchen unserer Tage. Mit dieser Veränderung verlässt das Kind die Bühne der Macht. Wo die Macht gemeint ist, kann das Kind nicht mehr erscheinen. Das Kind wird zum bloßen Repräsentanten der Privatheit der Mächtigen: Bilder mit Kindern und Enkeln unterstützen nun nicht mehr den Machtanspruch der Mächtigen und drücken ihn aus, sondern sollen zeigen, dass auch die Mächtigen „menschlich“ sind.
Von unserer Gegenwart her betrachtet ist an diesem Wandel auch noch etwa Anderes interessant: Die Macht hat, indem sie sich nicht mehr mit und durch das Kind repräsentieren ließ, auch aufgehört, sich auf die nächste Generation zu beziehen. Die Repräsentation enthüllt das Dilemma einer Macht-Perspektive, die sich in keiner Zukunft erkennen kann. Die Macht zeigt sich in unserer Zeit im Gruppenbild der gerade aktuell Mächtigen. Morgen schon können andere an dieser Stelle stehen, auf dem Gipfel der 20 oder 8, der EU oder des transatlantischen Bündnisses. DieTräger der Macht sind im Bild austauschbar geworden. Dass das Private nicht mehr politisch ist und sein darf, hat die Macht zugleich von der Verpflichtung auf die Zukunft und der Bindung an die Vergangenheit abgeschnitten. In den Bildern kann dieser Verlust sichtbar werden.
(Es gibt aus diesem Dilemma keinen anderen Ausweg als die Einsicht darein, dass Macht und Politik nicht dasselbe sind.)

Schellendiskursli / Schellenexkursli (02)

Schellendiskursli, Szene 02

dass welt ein bilderbuch sei voller
bilderbücher hier das setting einer
kleinfamilie knapper stunde null gewisser
religionen schöpfungsakt (breit aufgestellt) von
heiligen familien muttern (rot) und vatern in
dezentem (grünen) blau stolz jakobinisch heisst
dann (logisch) nachwuchs bärchen
ursli das archivgesicht noch aus der
andern zeit ein buch in buch im buch
ein jesus sternbild wunschpunsch aller pärchen

was kann ein haus nicht alles sein als
buch als allegorisch fein gedachter ort erzählter
klein und grossgeschichten keller eingang
tore fenster öffnungen in die zu schauen lohnt
schornstein und vater raucher einer tuts
der andere nicht in diesem nu das
hausgesicht ornamentiert partiell kopf hirn und
heimat weiter namenloser elternschaft fungiert
reproduktion noch grösserer maschinen ich ist
eine werkstatt medien (dort ein vogel) tun dies kund


Zeichnung: Livio (7)

Schellenexkursli

(02) psyche, speicher, medien. mit dem willen zur kreativen interpretation ausgerüstet, werden wir wieder zurückgeworfen auf die gemachtheit dieses ereignisses und ortes als vielschichtigen text. in die buchform, die alle noch so auseinanderstrebenden (be)deutungsmöglichkeiten miteinander verbindet und rundet. ein buch schafft ordnung und zuversicht. sich die welt als buch vorzustellen (aurelius augustinus), gibt ihrer lesbarkeit einen rahmen, der die richtigkeit des passierenden unterstreicht. dass das urslielternhaus ornamente trägt (spiralen, tiere), die hier schon in versatzstücken später erzähltes enthalten, betont die wichtigkeit tiefenstruktureller beobachtung. dass wir geradezu mit einer familienaufstellung (nach hellinger) konfrontiert werden, einer methode der systemischen psychotherapie, ermuntert uns, den text auch psychoanalytisch zu berühren. er bietet dann mutter- und vaterfigur an zur identifikation und zum eintauchen in die struktur der kleinfamilie, und markiert diese als ausgangspunkt eines sich in auflösung befindlichen systems, auf dem weg zu einer neuen westlichen gesellschaftsform: dem losen verbund einer singlegesellschaft. aufsteller ist hier: der erzähler. kann dabei die farbwahl des bildes zufall sein? die mutter trägt die farben blau, weiss, rot – diejenigen der französischen revolution, wir nehmen das als stützenden beleg. historisch-strukturelle diskontinuitäten sollen aber nicht verschwiegen werden. ebenso finden sich auch: die heilige familie mit dem filius jesus, der vater (josef), ein handwerker (zimmermann). das haus ist der ort der heimat, der sohn zum reisen bestimmt. diese religiöse familia steht als literatur und als entwurfsvariante der psychoanalytischen gegenüber. gemeinsam werden diese bilder gespeichert in einem, dem literarischen archiv, und haus und umgebung zu dessen allegorie verdichtet: die menge der öffnungen, räume, auch als speicherfiguren unterschiedlichster situationen und handlungen. (im verhältnis zum kleinräumigen maiensäss, später, dem erweckungsort und ort der entbehrung:) wir nehmen einblick in ein raumgebilde, dessen reduktion eingeleitet werden muss, um (in der ausbreitung, in der narration) neues erzählen zu ermöglichen. das haus (mit seinen funktional unterschiedlichen teilen) fungiert aber auch zugleich als konstruktionsplan oder modell eines gehirns, in dem genau diese auseinandersetzungen und verhandlungen theoretisch stattfinden. das bild (mit haus, eltern etc.) wird zudem nicht perspektivisch abgeschlossen. ein – als randfigur – hinzugefügter vogel observiert diese szene. unsere beobachtung des vogels (als medium) macht uns leser zu beobachtern des beobachters. wir werden also auch als beobachter zweiter instanz verpflichtet. nur eine spielerei? zumindest drängt uns diese konstruktion eine weitere möglichkeit auf: nämlich die einer systemtheoretischen textbetrachtung.

Leseprobe zu:
Schellendiskursli / Schellenexkursli.
Eine poetische Analyse des “Schellenursli”
mit einem Kommentaressay
und zahlreichen Illustrationen
sowie einem Nachwort von Elisabeth Wandeler-Deck
Von Hartmut Abendschein

Bitterstoffe

1

Großes Hallo Richtung Lohhausen-Flughafen.

“Luise, meine zwölftbeste Freundin! Wie siehts aus? Hast du dein Röckchen dabei..?”

“Zwei, Edith, zwei. Eins mit Rüschen, eins mit Schlitz. Extra für dich, Liebes!”

“Na Prösterchen! Dann kanns ja losgehn!”

Luise und Edith thronen auf ihren Gepäckstücken und begiessen die kommenden zehn Tage Mallorca im klimatisierten Beach Club mit hochprozentigen kleinen Schweinereien, während ich schon am nächsten Halt raus muss. In Fahrtrichtung links, wie die Stimme von Band freundlich befiehlt, vermutlich weil man in Fahrtrichtung rechts voll in den Inter-City nach Dortmund kracht.

Es ist September, es ist zu kühl für September und ich bin auf dem Weg zur Auftaktveranstaltung. Sechs Monate warten darauf, mich in Geiselhaft zu nehmen, sechs Monate Maßnahme des Job-Centers, sechs Monate und nicht einen Maßnahmetag weniger. Andererseits – alles besser als Mallorca all inclusive, oder nicht.

Die Maßnahme findet im stillgelegten Trakt einer alten Volksschule statt und dient der Stabilisierung der Beschäftigungssuche, wie es im Anschreiben heisst. Hätte man das Kind beim Namen genannt, es hätte Sechs Monate raus aus der Statistik heissen müssen, und die Referenten Reinigungskräfte. Statistiksäuberer.

Putzerfischchen, mit Urlaubsanspruch.

Allein die Formulierung Stabilisierung der Beschäftigungssuche ist mir ein Rätsel. Wie zum Henker lässt sich eine Suche stabilisieren? Forcieren lässt sich eine Beschäftigungssuche, sie lässt sich aufgeben oder anpassen oder sonstwie gestalten, doch stabilisieren?! Werden da stramme Bambusstäbe und Rankstützen ausgeteilt? Oder doch lieber direkt als Dragee zur innerlichen Anwendung, für die ganz Sensiblen?

Wenn ich im Leben eins gelernt habe: Eine Formulierung in einem offiziellen Schreiben ist nie umsonst, es steckt immer etwas dahinter. In diesem Fall der unausgesprochene Vorwurf, der Verdacht: Langzeitarbeitslose sind nicht stabil. Sie finden keine Arbeit, weil sie nicht hart genug daran arbeiten, Arbeit zu finden. Sie geben zu schnell auf, sie sind haltlos und labil, sie pennen bis in die Puppen, verschlampen Unterlagen und kleben in der Bewerbungsmappe das falsche Foto falschrum auf die falsche Seite,

HERRGOTT!!

NUN STABILISIEREN SIE SICH DOCH ENDLICH, SIE.. SEELCHEN!

2

Ich hab noch Zeit und entscheide mich, im Schnellcafe am Hauptbahnhof einen Hauptbahnhofs-Espresso zu nehmen. Ist ja immer ein Risiko. Wenn man Pech hat, erwischt man einen Espresso, der nach allem, aber nicht nach Kaffee schmeckt, nicht mal lauwarm nach Hauptbahnhof, trotz all der Vollautomaten. Der hier geht. Ist zwar nicht so schwarz, dass man gleich zum Gospelsänger wird, aber geht.

Ich blicke aus dem Fenster und entdecke Pauli auf dem Bahnhofsvorplatz. Seine knorrige Visage ist unübersehbar, auch wenn er selbst blind wie ein Maulwurf  ist und sich eher tastend durch die Welt bewegt. Meist hat er einen Schmöker aus dem Fantasybereich in Arbeit, er liest ununterbrochen. Er liest im Gehen, er liest im Bus, er liest, wo immer er sich gerade aufhält, die Schwarte so nah vor den Augen, als würde sie bräunen.

Ohne was zu lesen bin ich kein Mensch, hat er mal gesagt, doch an diesem Morgen ist er ohne Buch. Kein Mensch. Was ich sehe, ist Pauli ohne alles sozusagen. Er steht unbeteiligt auf dem Bahnhofsvorplatz und beobachtet den Himmel über den Taxis. Ich zögere einen Moment, geh dann hinaus, den heissen Pappbecher in der Hand.

“Lange nicht gesehen, Pauli.”

Für die Uhrzeit umweht ihn schon eine stolze Fahne, und ohne mich groß anzusehen legt er sofort Beschwerde ein. Er habe drei Monate im offenen Vollzug abgesessen, wegen einer nicht bezahlten Geldstrafe, aber niemand in der Szene, er wiederholte: NIEMAND!, hätte seine Abwesenheit bemerkt.

“Ich bin schwer enttäuscht!”

Ich muss lachen und klopf ihm auf die Schulter.

“Das wird schon wieder, Pauli. Guck mal, ich hab dich sofort erkannt – das ist doch schon mal was.”

“Ach, du.. redest doch nur mit dem Mob, damit du was zu schreiben hast. Nee, mein Freund, du zählst nicht. Du bist out of order.”

Ich kenne Pauli aus längst verschollenen Haus der Jugend-Tagen. Schon damals war er als Suffkopp verschrien. Zwischenzeitlich dem Pulver verfallen und in den Knast gewandert, ist er nun reumütig zum Jägermeister zurückgekehrt, vielmehr zur Billigvariante Gold-Förster oder Försters Gold, aus meiner Perspektive lässt sich das schlecht zu entziffern. Was Pauli schon immer auszeichnete, das filigrane Klauen von Spirituosen, ob im gut sortierten Einzelhandel oder in Discountermärkten, hat er immer noch drauf. So was verlernt man nicht, meint er bescheiden und hakt sein Talent unter der Etüde Fingerübung ab.

“Wieso hast du kein Buch dabei?” frag ich.

“Keine Ahnung, was ich noch lesen soll. Die Buchhandlungen sind voll bis unter die Decke, aber ich find nichts, was ich nicht schon irgendwo gelesen hätte. Bei dir hab ich auch mal geblättert, bei nem Kumpel am Rechner. Wie heisst das, Blog? Fand ich jetzt auch nicht so berauschend. So ein Mix aus Bukowski und.. ja, keine Ahnung was. Sorry, Babe, aber so isses nun mal.”

Sprichts, und taucht unter in der Fußgängerzone. Ich blicke ihm hinterher und frage mich, wie das eigentlich kommt, dass unter meinen Bekannten so auffallend viele Arbeitslose, Kleinkriminelle und arbeitslose Kleinkriminelle sind, aber auch ganz herkömmliche Trinker und Junkies ohne Job und Perspektive. Ha ha! Sehr witzig!

Alles halb so ha ha.

3

Es nieselt, der Wind wird heftiger. Bis zum Schulungsgebäude sind es zu Fuß zehn Minuten – immer die Fußgängerzone runter und unten am Marktplatz rechts. Ist ja nicht das erste Mal, dass ich dort eine Maßnahme mitmache. Dass einem Fallmanager was eingefallen ist .

“Ich glaub, wir müssen da noch mal was machen mit Ihnen.”

(Ich glaub, Sie müssen noch mal für ein paar Monate aus der Statistik raus.)

(Ich schätze, meine Vorgesetzte wird sonst unruhig.)

(Ich hoffe, ich schaffs noch bis zur Rente.)

Maßnahmen des Job-Centers sind die reine Zeit-und Geldverschwendung, und alle wissen Bescheid, alle spielen mit. Jedem Beteiligten ist klar, dass niemand schneller einen Job ergattert, nur weil er an einer Maßnahme teilnimmt. Maßnahmen dienen allein dazu, die Maschinerie der Trägervereine am laufen zu halten, die sich rund um die kommunalen Arbeitsämter und deren Budget für Langzeitarbeitslose aufgebläht hat.

Natürlich kommt es schon mal vor, dass Teilnahmer innerhalb weniger Tage die Fronten wechseln. Eben noch als arbeitslose Sozialarbeiter einer Maßnahme zugewiesen, werden sie vom Trägerverein vom Fleck weg als Referent engagiert und stehen als Ex-Arbeitslose vor Immer noch-Arbeitslosen und wissen nicht so recht, was sie eigentlich erzählen sollen. Warum sie plötzlich auf der anderen Seite stehen und aus dem Du ein Sie werden soll.  Ist aber auch nicht so wichtig. Wichtig ist, dass es bei der Übermittlung der Kontodaten keine Zahlendreher gibt. Das wäre asozial.

Eine Maßnahme hat aber auch gute Seiten. Man ist von Leuten umgeben, die in ähnlichen Situationen stecken wie man selbst und von denen man noch was lernen kann. Denn mal ehrlich, was ist das Leben groß? Man wird allein geboren, man stirbt allein, und zwischendurch trifft man ein paar Leute, die einem was beibringen – wenn man Glück hat.

Ausserdem ist es ja nicht so, dass allen Erwerbslosen SOFORT der HIER, ICH! ICH! ICH!-Schaum vorm Mund steht, sobald irgendwo eine Stelle frei wird. Nicht jeder Erwerbslose, (das Wort benutzt mein Vater immer), will unbedingt und unter allen Umständen einen Job finden. Nachbar Timo zum Beispiel will gar nicht mehr arbeiten, er ist vom Macher zum Lasser geworden. Als er einen Termin im Job-Center hat und vom Fallmanager gefragt wird, wie er sich das denn vorstelle mit seiner beruflichen Zukunft, antwortet Timo ohne jeglichen Anflug von Ironie:

“Ich plane, demnächst mehr beim Lotto zu gewinnen.”

Und das ist nicht mal gelogen. Timo, ein hochintelligenter Bursche mit einem IQ von 130, hat lange Jahre als Personalberater in einer renommierten Headhunter-Kanzlei gearbeitet, doch das ist beinahe ein Jahrzehnt her. In der Zwischenzeit hat er von seinen Ersparnissen gelebt, so lange, bis sie restlos aufgebraucht waren, trotz eingeschränktem Konsum von so ziemlich allem, wie er sagt. Nach zehn Jahre Arbeitslosigkeit hat er sich nun endlich arbeitslos gemeldet und bezieht Hartz IV.

Timo, ein ruhiger Vertreter, der nicht viel Wert auf Gesellschaft legt, verbringt seine Abende damit, bei abgestellter Türklingel klassischer Musik und Opern zu lauschen, am liebsten Puccini, am liebsten über Kopfhörer. Und wenn nicht gerade Mitarbeiter des Job-Centers in der Nähe sind, gibt Timo freimütig zu, dass die Sache mit der Arbeit für ihn erledigt sei. Dass ihm, unlängst 50 geworden, das Leben zu schade sei, um davon jede Woche sechzig Stunden abzuknapsen.

Oder 38,5.

“Ich hab das hinter mir. Ich hab das lang genug gemacht. Ich brauch das alles nicht mehr. Ich will die restlichen zwanzig Jahre meines Lebens geniessen und nicht bloß ein Jahr Rente beziehen und dann tot umfallen.”

Er hat sich einen Hund zugelegt, einen quirligen Collie, mit dem er auf Frisbee-Wettbewerben bis hinauf nach Belgien brilliert und das Bergische Land durchwandert, oft in tagelangen Touren. Alles besser als die Tretmühle Arbeit, sagt Timo. Alles besser als Mallorca, sag ich.

Unter einem schlackegrauen Himmel springe ich in der Fußgängerzone von Vordach zu Vordach, von Markise zu Markise, bis ich halbwegs trocken das Schulungsgebäude erreiche.

Die Auftaktveranstaltung beginnt Punkt zehn. Schnell noch eine rauchen, unter diesem speziell für Raucher gezimmerten Unterstand mit Aschenbecher, wo schon ein Haufen Leute wartet, alle mit dem gleichen Passierschein in der Hand, der sie als Teilnehmer der Maßnahme ausweist.

“Hallo.”

Kaum jemand grüsst, als ich mich dazustelle. Nur ein langer Stoffel mit Stirnglatze nickt freundlich. Rottner, stellt er sich vor. Wir unterhalten uns ein bißchen, dann gehts los.

Träger der Maßnahme zur Stabilisierung der Beschäftigungssuche ist eine als gemeinnützig anerkannte Fortbildungsakademie mit Sitz in Frankfurt, die in ganz Deutschland Ableger gebildet hat und gut im Geschäft ist. Pro Teilnehmer kassiert ein Veranstalter einige Tausend Euro, je nach Dauer und Intensität der Maßnahme. Es gibt Maßnahmen, da muss man ein halbes Jahr lang Tag für Tag seine acht Stunden abreissen, es gibt Maßnahmen, da schaut man am Montag- und am Donnerstag-Vormittag kurz auf einen Maßnahme-Kaffee rein und hat ansonsten seine Ruhe.

Ruhe ist das Stichwort, Ruhe zum Schreiben. Um ein Minimum an Ruhe zu haben, sozusagen die existentielle Portion, gibt es eine amtliche Voraussetzung: Man muss aus der Zeit fallen. Man darf nicht dazugehören. Nirgends. Wenn die Leute dich angucken, muss ihnen auf Anhieb klar sein, intuitiv und unmissverständlich: Dieser Mann kriegt keine sms-Nachricht von mir. Den rufe ich nicht an. Der ist definitiv nicht eingeladen. Nirgends. Dann hat man seine Ruhe. Das Minimum.

Die Gräfin und ich pflegen eine besondere Form von Autismus: Wir versuchen so viel wie möglich von der Welt mitzukriegen, ohne von ihr behelligt zu werden. Kein leichtes Unterfangen.

“Am besten, wir schleichen uns in eine betreute Aussenwohngruppe ein, damit wir den Kopf frei haben für die wirklich wichtigen Dinge”, so die Gräfin leuchtend:  “Dann sind wir Königin!”

Das ganze hat allerdings einen faden Beigeschmack, und ich werde ihn nicht los. Es stellt sich nämlich die Frage, warum die Gesellschaft für einen verschnarchten Autor aufkommen soll, der kein Buch auf die Reihe kriegt. Warum ihn mit Hartz IV durchziehen, bis er wann auch immer ein Bein auf die Erde bekommt. Und was, wenn dieses Bein niemals bis zur Erde reicht? Wenn es sich auf Dauer als Phantombein entpuppt? Blutleer und zu nichts nütze?

Tja, Freunde, das war die Sorte Fragen, die mir nicht in den Kram passt. Und weiter.

4

Was mir sofort gegen den Strich geht, ist dieser große Aufkleber über der Tür, der uns Teilnehmer empfängt:

ARBEITSFABRIK.

Erst denk ich, die haben sich irgendwie vertan in der Aufregung, dass da schon wieder zwei Dutzend Kunden anrücken, die Ende des Monats für ihren Lohn  sorgen, doch dann seh ich mir den Banner genauer an und entdecke Spuren von Abnutzung – der Aufkleber ist nicht neu, der hängt schon länger. Das ist durchdacht, das Wort Arbeitsfabrik, und es klingt gespenstisch. Arbeitsfabrik hätte man auch hoch oben über einem Konzentrationslager montieren können, zur Begrüßung. Warum nicht gleich Arbeit adelt.

Nach einer Weile finde ich Arbeitsfabrik nur noch dümmlich und doppeltgemoppelt. Es soll wohl darauf hinweisen, dass in diesen Räumen hart gearbeitet wird, mit klar definierten Strukturen und Hierarchien, ohne das übliche Maßnahmegesäusel und Bewerbungsgewäsch, aber mit klipper und klarer Ansage:

hier herrscht Pünktlichkeit. Sauberkeit. Ordnung.

5

Zweiter Tag der Maßnahme. Heute sind Einzelgespräche anberaumt. Anwesend sind zwölf Langzeitarbeitslose. Nur zwölf, am ersten Tag waren es noch dreiundzwanzig, die sich in die Anwesenheitsliste eintrugen. Die Hälfte der Leute hat sich schon verabschiedet. Ich frage mich, wie die das hinkriegen. Haben die alle Husten und sich krankschreiben lassen? Oder ist ihnen plötzlich aufgegangen, dass sie ja doch einen Job besitzen und nur vergessen haben, da auch hinzugehen. Kann natürlich jedem mal passieren, so ein Malheur. Logisch.

Ist klar.

Einzelgespräche bedeuteten, dass stets ein Arbeitsloser ins Büro gerufen wird und die anderen elf Leute herumsitzen und nichts zu tun haben. Zwar gibt es nebenan einen großen Technik-Raum, ausgestattet mit funktionstüchtigen Rechnern und schnellem Internetanschluss, doch zumindest an diesem Tag bleiben alle den Monitoren fern und lernen einander kennen.

Mohammed, genannt Momo, rechts von mir, ein stabiler Bursche mit Backenbart, hat sich am Morgen das Kinn ausrasiert. Nun ist es so schwer gerötet, er sieht aus wie nach einer Brandrodung.

Momo stellt sich mit Handschlag vor. Sein Vater ist ein aus Marokko eingewanderter Metzger. Er hatte diesen Beruf auch für seinen Ältesten vorgesehen, und weil Momo ein braver Muslim ist, der Vater gehorcht, begann er eine Metzgerlehre, die er aber nach ein paar Monaten schmiss.

“Ich kann keinen Hammel mehr riechen, Baba! Die machen mich ganz bräsig, deine Hammel!”

Er überwarf sich mit der Familie und siedelte nach München über, jobbte bei BMW am Band, verdiente gutes Geld, war einsam, kehrte zurück und heuerte im typischsten aller Solinger Berufe an, dem Schlieper, dem Messerschleifer.

“Ich hab auch am Stein gearbeitet”, mischt sich ein spätes Mädchen ein, um die fünfzig, krumme Haltung, doch Momo lässt sich nicht beirren. Wir erfahren, dass er eine Weile vor hatte, professioneller Bodybuilder zu werden, “für die Frauen”, wie er betont.

Tatsächlich hat er Oberarme wie Straßenkreuzungen und ein strammes Kreuz. Beste Voraussetzungen für eine Karriere als Kraftpaket. Als ihm jedoch mehr und mehr klar wurde, dass er dafür sein ganzes bisheriges Leben über den Haufen werfen und stattdessen jede Menge Stereoide fressen müsste, entschied er sich schweren Herzens dagegen.

“Wegen den Frauen.”

Ich bin überrascht, was die Leute so alles für Jobs hatten, bevor sie arbeitslos wurden. Unter den Teilnehmern, die anwesend sind, befindet sich der 57jährige ex-Chefredakteur einer Zeitung, eine Ukrainerin, die Mathematik in Kiew studiert hat sowie ein junger Fitnesstrainer mit einem auffälligen Tattoo: Eine tintenblaue Schlange rekelt sich an seinem schlanken Hals empor. Eine Szene, die ich eher auf Porzellan vermutet hätte, auf Teegeschirr.

Der Fitnesstrainer, ein gutaussehender Bursche, ist irgendwie atemlos. Es fehlt ihm an Ruhe. Er hat zu gleichen Anteilen deutsche und serbische Vorfahren und ist exakt seit einem Jahr arbeitslos, obwohl er im Besitz hochwertiger Trainerscheine ist.

“Ich hab einfach kein Glück”, nölt er, und im weiten Rund nicken die Köpfe wie an Schnüren gezogen, sie nicken und nicken.

Ursprünglich komme er aus Baden-Württemberg, erzählt der Fitnesstrainer und beschwert sich, dass man in Solingen nur Kiffer kennenlerne.

“Achtzig Prozent aller jungen Solinger kiffen.”

Dagegen wäre an sich nichts einzuwenden, führt er fort, “aber ich kiffe nicht, ich bin ja Fitnesstrainer.” Wir fragen uns, was eigentlich die übrigen zwanzig Prozent Solinger mit ihrem Leben anstellen, die nicht kiffen. “Saufen, fixen, tralala”, sagt jemand, ich glaub, ich bin das.

Tarik, EDV-Fachmann, ist gut ausgebildet und noch keine dreissig Jahre alt. In jedem Kurs gibt es mindestens einen arbeitslosen EDV-Fachmann. Es gibt zu viele von ihnen. Sie stehen sich gegenseitig auf dem Fuß und nehmen sich die wenigen verbliebenen 400 Euro-Jobs weg.

Tarik kann sich maßlos darüber aufregen, dass das Job-Center für die Hin-und Rückfahrt zur Auftaktveranstaltung keinen Pfennig Fahrgeld erstattet, während es ab Tag 1 der regulären Maßnahme Fahrgeld gibt. Ausserdem, so Tarik, ein kleiner Nerd, hat er bei dem Betrag, den alle Teilnehmer für einen Monat Busfahren im voraus erhalten sollen, eine andere Summe errechnet: 35, 20 Euro statt 33, 00.

Er steht mächtig unter Strom und wiederholt die Zahlen, bis sie auch der letzte von uns parat hat und zornig aus der Wäsche guckt. Tarik ist kein unsympathischer Kerl, mit einem verschmitzten Lächeln und Gespür für Komik, doch beim Geld hört für ihn der Spaß auf.

Als wir das Fahrgeld am Nachmittag abholen sollen, ausgezahlt wird es einige Strassenzüge weiter bei einer Aussenstelle des Maßnahmeträgers, macht Tarik sich frühzeitig auf die Socken. Er fliegt beinahe durch die Fußgängerzone, will unbedingt der erste sein. Dass ihm womöglich 2 Euro 20 Cent weniger ausbezahlt werden als ihm zusteht, lässt ihm keine Ruhe. Er will unbedingt Beschwerde einlegen, ist sich aber nicht sicher, wo – ob beim Maßnahmeträger oder besser direkt beim Arbeitsamt.

“Wahrscheinlich schicken die mich sowieso von einem zum anderen und wieder zurück, bis ich nicht mehr weiss, wo mir der Kopf steht,” seufzt er. “Das ist ein ganz abgekartetes Spiel!”

Und wieder sieht man Köpfe nicken.

6

Die beiden Referenten haben wenig Zeit für die Teilnehmer. Sie sind vollauf damit ausgelastet, dicke Akten anzulegen, die ständig aktualisiert werden müssen. Meist stecken sie mit der Nase in irgendwelchen Ordnern und rufen uns einzeln ins Büro, wo wir Formblätter zu unterschreiben haben, deren Richtigkeit sie wiederum gegenzeichnen müssen.

Nur hin und wieder gelingt ihnen in den sechs Monaten so etwas wie ein Vermittlungserfolg: Momo bekommt eine Praktikumsstelle. Bei den angeblich so vielfältigen Beziehungen zur heimischen Industrie keine große Nummer.

7

Mir gefallen Menschen, die sich mit einer gewissen Nonchalance durchs Leben bewegen, und unauffällig. Typen, die man schnell mal verwechselt, weil sie auf den ersten Blick so gar nichts besonderes an sich haben, bis man sie näher kennenlernt und feststellt, he, der ist ja ganz locker, der Blödmann. Der macht einfach nur wenig Wind um sich.

Rottner, der lange Stoffel, ist ungefähr in meinem Alter. Er hat eine Stirnglatze und ständig diese Jesus-Sandalen an den Füßen, egal ob bei Sonnenschein oder Regen. Mit den Latschen und dem karierten Holzfäller-Thermohemd wäre er in den frühen 90ern noch anstandslos als Sozialkundelehrer durchgegangen, mit halber Stundenzahl, doch wir schreiben das Jahr 2011 und Rottner ist seit 11 Jahren arbeitslos.

Zuvor hat er zwei Jahrzehnte lang Wärmespeicher auf großen Frachtschiffen ausgetauscht, für eine international tätige Firma in Cuxhaven. Nun lebt er in Solingen. Warum lebst du in Solingen? frage ich. Warum nicht? nuschelt er, und wir belassen es dabei.

So genau wollte ich es  ohnehin nicht wissen.

Rottner hat einen Hund. Nun haben viele Arbeitslose einen Hund, sie haben ja auch die Zeit dafür, aber nicht alle haben einen Hund mit einer Geschichte wie sein Hund Bootsmann, ein Boxer-Rüde.

“Bootsmann? Och. Wie der Hund auf Saltkrokan?”

Rottner nickt. Viele Worte macht er nicht. Er hat einen leichten Sprachfehler: Die Zungenspitze klopft beim Sprechen gegen die Schneidezähne, so leicht, dass es nicht direkt als Lispeln durchgeht, eher als kleine Marotte, das ‘s’ zu Bett bringen zu wollen, auch am hellichten Tag, mitten im hellichten Satz.

“Der Hund von den Kleinen Strolchen hiess auch Bootsmann”, meint Rottner.

Blödsinn, entgegne ich. Der hiess anders, doch noch eine ganze Weile ist Rottner nicht davon abzubringen, dass nicht nur der Hund auf Saltkrokan, sondern auch der Hund der Kleinen Strolche Bootsmann hiess. Und natürlich sein Hund, der Boxer-Rüde, klar, der auch. Es geht also insgesamt um drei Hunde, die Bootsmann heissen oder heissen sollen.

“Der hatte so ein fettes schwarzes Klätschauge”, sagt Rottner, “der Bootsmann von den Kleinen Strolchen.”

“Ja, der hatte ein schwarzes Klätschauge, aber der hiess nicht Bootsmann, der.. der hiess anders.. Schibulsky oder so.”

“Schibulsky? Der hiess doch nicht Schiebulsky! Das war doch kein polnischer Pfannkuchen!”

“Ah Mann.. natürlich hiess die Töle bei den Kleinen Strolchen nicht Schibulsky, das weiss ich auch, das war SPASS! Aber erst recht nicht Bootsmann..!”

“Na schön”, gibt Rottner sich geschlagen, als er spürt, wie ernst es mir damit ist. “Aber auf Saltkrokan, der dicke Hund, der heisst Bootsmann.”

“JA!” schreie ich. “DER SCHON!”

Über einen Bekannten erhielt Rottner die Anfrage, ob er nicht Lust hätte, dem örtlichen Boxerhundeverein beim Renovieren zu helfen. Das alte Blockhaus auf dem Vereinsgelände hatte es nötig. Na schön – Rottner war arbeitslos und handwerklich nicht ungeschickt, er schlug ein.

Nach vierzehn Tagen harter Arbeit kam der Vorsitzende des Vereins auf ihn zu und fragte, ob er, Rottner, unbedingt eine Rechnung brauche oder ob man das vielleicht auch so regeln könne, unter der Hand.

“Nö”, sagte Rottner. “Ich will ihr Geld nicht, ich will einen Hund.”

So kam es, dass unmittelbar nach dem nächsten Wurf des hochprämierten Zucht-Weibchens Daxa von Bückeburg, “oder wie die Boxer-Tante da hiess”, Rottners Telefon klingelte: er könne jetzt ins Clubhaus kommen und sich einen Welpen aussuchen. Jetzt, auf der Stelle.

Rottner latschte hin und entschied sich für einen flinken kleinen Rüden, dann latschte er wieder heim. Und dann dauerte es noch einmal zwei Monate, bis ihm der kleine Hund vorbeigebracht wurde, als Bezahlung für Renovierungsarbeiten am Clubhaus.

“Sagen Sie, haben Sie Erfahrung mit Hunden, Herr Rottner?”

“Hunde? Wer? Ich? Nö. Nicht direkt. Aber ich weiss schon, wie er heissen soll. Ich hab schon einen Namen.”

“Ja sicher. Das ist Carlo von Bückeburg, der II.”

“Hm? Nee, der heisst Bootsmann.”

Der kleine Hund ging in die Hundeschule und absolvierte die Welpengruppe, zuletzt die Rockergruppe. Allerdings ohne Rottner. Der hatte keine Lust mitzukommen, das übernahm die Frau des Vereinsvorsitzenden, zweimal die Woche, drei Monate lang, und auch nicht ganz freiwillig.

“Machen Sie mal”, hatte Rottner zu ihr gemeint, “Sie machen das schon. Hauptsache, Sie versauen mir den Hektor nicht.”

“Welchen Hektor?”

“Na den Bootsmann.”

Später gewann Bootsmann Preise auf Ausstellungen, er war von bemerkenswert schönem Wuchs, was Rottner auch nicht groß berührte, Schönheitswettbewerbe waren nichts für ihn, alles zu affig da unter all dem Gepudel.

Mittlerweile ist Bootsmann im besten Hundealter und Rottner und er sind gute Freunde geworden. Wenn Rottner, wie während der Maßnahme des Job-Centers, den halben Tag aus dem Haus ist, übergibt er Bootsmann in die Hände seiner Nachbarin.

“Die geht mit dem Joggen in der Heide. In Ordnung hab ich zu ihr gesagt, machen Sie mal, gehen Sie ruhig Joggen mit dem Kerl, Hauptsache, er kommt hinterher nicht zu mir an und beschwert sich, he, Langer, die Tante ist mit mir jeden Tag drei Stunden durchs Unterholz gehoppelt.”

8

Es dauert eine Woche und ich gerate mit einem 57jährigen Ex-Chefredakteur aneinander, der zudem eine halbe Karriere als Radiomoderator hinter sich hat sowie eine dreiviertel Karriere als Rockmusiker. Die Betonung liegt bei allen drei Karrieren auf hinter sich, was allerdings mit 57 nicht ungewöhnlich ist.

Früh am Morgen reisst er gleich das Maul auf, wenn auch mit einer angenehm klingenden, sehr sonoren Alexis Korner-Blues-Stimme, was den Stuss, den er absondert, halbwegs abfängt und mildert.

Er sei immerhin Chefredakteuer gewesen, mault er zum wiederholten Male vor versammelter Mannschaft, man habe ihn zu dieser Maßnahme “zwangsrekrutiert”. Als wären auch nur einer von uns freiwillig hier. Von welcher Zeitung er kommt, lässt er unerwähnt, trotz Nachfrage. Erst auf mein Drängen hin, ich will wissen, mit wem ich es zu tun habe, rückt er mit dem Namen der Zeitung heraus,  “Die Brücke”.

Die Brücke ist ein Obdachlosenmagazin und wird in den bergischen Großstädten verkauft. Das ist an sich kein Grund, die Nase zu rümpfen, aber wenn jemand sich als ex-Chefredakteur aufspielt.. Na schön. Wir erfahren weiter, dass er in der Redaktion als 1-Euro-Kraft angefangen hatte, sich hocharbeitete und als die Zeit vorüber war, beschäftigte man ihn weiter, bezahlt aus Töpfen des Arbeitsamts.

“Die hatten mir versprochen, ich dürfte dableiben bis zur Rente. Und dann war plötzlich doch kein Geld mehr da”, jammert er sonor. (Der könnte ins Radio gehen, denke ich, da wusste ich das noch nicht mit seiner halben Radiokarriere.)

Es ist neun Uhr, als wir um den Tisch herum sitzen. Zuvor hat eine Krankenschwester einen 45minütigen Vortrag über Gesundheit und richtige Ernährung gehalten, so als wären Langzeitarbeislose zu doof zum Fressen. Die Krankenschwester ist allerdings okay soweit. Sie arbeitet im Klinikum im Nachtdienst und verdient sich tagsüber mit Vorträgen etwas hinzu. Sie ist der Typ vorsichtige Radfahrerin Mitte vierzig, der im Verkehr nervt, aber sie erinnert mich an meine Schwester. Da kann sie eigentlich sagen, was sie will, sie hat bei mir ein Stein im Brett.

Am Ende des Vortrags erzählt sie irgendetwas über Kalorienzufuhr, als der ex-Chefredakteur, der zufälligerweise neben mir sitzt, plötzlich ausholt, um seine Sicht der Welt darzulegen. Es beginnt mit unserer von riesigen Konzernen versauten Industrienahrung (wir werden mit Abfall zugestopft) und endet bei Quantenphysik. Für sich genommen macht das alles Sinn, doch er wirft alles in einen Topf und rührt darin herum, bis irgendein unausgegorener Mist herauskommt.

Besonders auf den Geist geht mir, dass seiner Meinung nach alles, was aus Indien und China kommt, gaanz toll ist, und alles was aus dem Westen kommt, gaanz böse. Da platzt mir der Kragen.

“Du redest nur Scheisse”, fahre ich von der Seite an. “Von vorne bis hinten nur Müll.”

Zuletzt hatte er behauptet, eine positive buddhistische Grundstimmung könnte bei Rauchern sogar Lungenkrebs verhindern.

“Mein Gott, natürlich erleichtert positiv denken das Leben, aber es macht den Krebs nicht weg! Das ist doch voll Kokolores.”

Ich werde aggressiv und rücke ihn mit seinem Gefasel in Sektennähe.

“Den Quark, den du zusammenquasselst und wie du das tust, erinnert an Scientology.”

Das Wort “Scientology” habe ich hinter meinem Rücken aufgeschnappt, wo es Rottner gerade ausgesprochen hatte, der Wärmepumpenaustauscher und Besitzer von Bootsmann, der den Scheiss auch nicht mehr mitanhören kann. Seltsamerweise reagiert der ex-Chefredakteur weniger auf meine Kritik als auf die Heftigkeit meiner Worte, die mich selbst überrascht hat.

“Ich wollte hier niemanden auf die Füße treten und Aggressionen auslösen”, sagt er.

9

Momo, der verhinderte Bodybuilder, berichtet von der wilden Zeit, als er davon träumte, Profi zu werden und die Kraftsportbühnen der Welt zu besteigen, mit eingeölten Muskelsträngen. Damals plante er den Tagesablauf strikt nach der Ernährungsvorgabe. Dazu gehörte auch, den Wecker auf drei in der Nacht zu stellen, um eine Portion Nudeln zu kochen und zu sich zu nehmen. Damit sollte der Körper mit den Kalorien aufgefüllt werden, die er im Schlaf gerade verbrannt hatte.

“Um den Energieabfall zu minimieren. Das war zu der Zeit, als ich gnadenlos auf Masse gemacht hab.”

Um auf Masse zu machen gabe er Monat für Monat Hunderte von Euro für Pülverchen und Vitamin-Shakes aus.

“Das war schon geil, das Massemachen. Mit Anabolika baut man viel schneller Muskelmasse auf als nur mit Training. Da glaubst du jeden Morgen, du könntest die Welt aus den Angeln heben. Doch sobald du die Anabolika absetzt, fällt alles zusammen und du bist nur noch Gewürm.”

Als Momo endete, war Stille. Ich fühlte mich fatal an Heroin erinnert. Nur dass Heroin keine Muskeln aufbaute, sondern Illusionen. Aber der Zusammenbruch war der gleiche.

Links neben mir sitzt eine hübsche Ukrainerin, die Mathematik und Statistik in Kiew studiert hat und in ihrem blauen 80er Jahre-Kostümchen an eine alternde Stewardess erinnert. Nach dem Ernährungs-Vortrag der Krankenschwester meldet sie sich und will wissen, wie man am effizientesten Bitterstoffe zu sich nehmen könne, doch die Krankenschwester kann nicht viel weiterhelfen.

Gewisse Gemüsesorten wie Fenchel enthalten Bitterstoffe, sagt sie. Doch würden Bitterstoffe zunehmend aus unserer Nahrung herausgeschwemmt, damit es fluffiger schmecke.

Pernod, sage ich, ist auch bitter, und links von mir die Frau kichert. Es ist die Frau mit schiefer Haltung, die behauptete, auch schon am Stein gearbeitet zu haben. Eine nette Frau. Dreimal verheiratet, drei Kinder von drei Männern. Stammt ursprünglich aus Freiburg und hat hoch im Norden in der Verwaltung eines Rüstungsbetriebs gearbeitet.

“Ich hatte die Panzerketten unter mir.”

In Solingen ist sie der Liebe wegen gelandet. Hat hier das dritte Mal geheiratet und 10 Jahre lang (wieso eigentlich immer genau 10 Jahre?) in einem Familienbetrieb Messer geschliffen. Seither ist ihr Rücken lädiert, vom langen Sitzen am Schleifstein.

Tatsächlich bildeten Haltungsschäden über Jahrhunderte so etwas wie das Krankheitsbild Nr. 1 unter der Solinger Arbeiterschaft, und noch heute sind orthopädische Deformationen dieser Art im Stadtbild präsent: Buckel, Höcker, Schulterkröpfe.

10

Ausser einem EDV-Spezialisten befindet sich in jeder Maßnahme auch ein Zombie. Ein graues Etwas, das auf seinem verhuschten Pfad durchs Dasein gerade Station in der Langzeitarbeitslosigkeit macht. Wobei an dieser Stelle einschränkend gesagt werden muss: Langzeitarbeitslosigkeit beginnt definitionsgemäß bereits nach einem Jahr ohne steuerpflichtige Beschäftigung. Meines Erachtens ist man nach einem Jahr aber noch lange nicht langzeitsarbeitslos. Dazu fehlt dann doch noch ein bisschen was.

In unserer Stabilisierungs-Maßnahme heisst der Zombie Eileen. Eileen ist um die vierzig und hat es an den Nerven. Das Haar gebrochen und voller Spliss, der Blick getrübt, der Mund eine Kneifzange, dazu nachlässige Kleidung – insgesamt ist Eileen eine einzige Altlast.

Einmal stapfen wir nebeneinander durchs Treppenhaus. Sie ist furchtbar unsicher und wägt ihre Worte ab, sie will bloß nichts dummes, nichts falsches sagen. Da tut sie mir ein bisschen leid, und fortan mag ich sie.

Sie zählt zur Abteilung Ich möchte keinem auf den Wecker gehen, aber ich bin so unglücklich, merkt das denn niemand? Nicht selten weiss ich bei diesen Menchen nicht, wie ich ihnen meine Sympathie deutlich machen kann, ohne sie gleich in die Arme zu schliessen. Ein aufmunterndes kleines Lächeln hier, ein aufmunterndes kleines Lächeln da, das kann jedenfalls auf Dauer dümmlich wirken und eher das Gegenteil bewirken.

Also belasse ich es oft bei meiner heimlichen Sympathie und gehe davon aus, dass diese Mitmenschen meine Gefühle schon irgendwie mitkriegen, oder zur Not eben erraten. Eine trügerische Annahme, die mich im Leben schon oft in die Bredouille gebracht hat.

In einem Fall wie Eileen geht es nur darum, dass jemand spürt, dass ich auf seiner Seite bin, doch in anderen Fällen wurde ich schon komplett missverstanden, nur weil ich den Mund nicht aufmachte. Weil ich davon ausgegangen war, dass Menschen meine Gedanken und Blicke schon richtig einschätzen.

So war ich automatisch davon ausgegangen, dass meine beiden Geschwister es mir nicht verübelten, dass ich kaum noch Einladungen annahm, ob zum gemeinsamen Essen, zum Spieleabend oder zum traditionellen Osterfeuer. Aus dem einfachen Grund, dass ich keinen Alkohol mehr trank und mir jede Gesellschaft nach spätestens einer Stunde lästig wurde und ich nur noch heim wollte. Das müssen die doch wissen, dachte ich. Die kennen mich doch. Pustekuchen.

Was ich dabei nämlich unterschlug: Andere Leute, selbst Geschwister, die mit dir aufgewachsen sind, haben den Kopf und das Herz voll anderer Dinge, die ich nicht mitkriege. Das macht es so nötig, dass man sich hinstellt und sagt, was man will und was man nicht will, was man mag und wasn man nicht mag, was man schlachtet oder besser heile lässt, was man küsst oder fortstößt, was man sich einverleibt oder was man auskotzt.

Wer sagt, was er will, kriegt, was er braucht, meint die Gräfin, als ich abends nach Hause komme und von meinem Tag erzähle. Zum Abendessen gibt es überbackenes Fenchelgemüse.

Bitterstoffe, sag ich.

Dienstag, 2. Oktober 2012

(Ein Gläschen Südwein neben meinem Notebook. Südwein, Süßwein, Desertwein – schöne, gluckernde Worte. Im Moment trinke ich einen Spätburgunder gemischt mit Sherry. Ich weiß, das hört sich barbarisch an, schmeckt aber gut).
Was mich immer schon gewundert hat ist, dass sich alle – jedenfalls die Leute in den üblichen Medien – darüber beklagen, dass die Geburtenrate in Mitteleuropa schwindet. Ich kann das Problem nicht erkennen, vielmehr ist das doch ein unfassbarer Vorteil für den Kontinent, der seit dem letzten Jahrhundert deutlich überbevölkert ist. Alle Landschaften sind zersiedelt, durchschnitten von Myriaden von Straßen, zugepflastert und versiegelt mit Beton und Asphalt.
Noch in meiner Kindheit, selbst noch zu der Zeit, als ich nach Berlin kam, waren die Städte umgeben von Brachland, Wiesen, Wäldern. Unbehauste Natur. Jetzt stehen dort Einkaufszentren und Baumärkte. Wenn endlich wieder, in dreißig, vierzig Jahren, Europa leerer wird, könnten wir ganze Landstriche der Wildnis zurück geben. Endlich Platz.
Stattdessen jammern alle über die Rente. Aber wenn durch den Rückgang der Bevölkerung auch die Kaufkraft schwindet, werden die Waren des täglichen Lebens durch mangelnde Nachfrage wieder günstiger werden. Und die Renten werden sogar dazu reichen, ein Haus in Brandenburg zu kaufen, denn diese Häuser in den verlassenen Dörfern werden schon in zwanzig Jahren kaum mehr als zwei, drei Monatsgehälter kosten.
Aber anstatt dass diese Gesellschaft die Möglichkeiten der Leere nutzt, baut sie weiter.
Zur Zeit ist eine Initiative entstanden, die die Leerflächen des Kulturforums am Potsdamer Platz schließen will. Sowohl die Matthäuskirche als auch die Neue Nationalgalerie sollen von Blockbebauung eingefasst werden, und auch das weite Areal vor der Gemäldegalerie soll weichen. Als hätten die Alten Angst vor der Leere, der Weite, als würde es sie an ihr eigenes Verschwinden erinnern.
Wieso erfreuen wir uns nicht an der Leere, lassen auch Brachflächen wieder zu, die fast alle seit der Wende verschwunden sind. Kein Mensch braucht all diese Büros.
Und selbst wenn wir uns das in den Städten nicht leisten wollen, weil die Alten günstige Infrastruktur brauchen; auf dem Lande könnten wir die Wildnis zurück kehren lassen. Man würde ganze Dörfer in der Uckermark räumen, die letzten Bewohner in den Speckgürtel von Berlin umsiedeln – zahlt man den Leuten ein wenig Geld, wäre das kein großes Problem. Die ganz Alten sterben bald, die Jüngeren wollen lieber heute als morgen weg, wenn sie es sich leisten können.
Und sollten dann die Dörfer der Uckermark geräumt sein, wird das ganze Gebiet umzäunt (ein freundlicher Eiserner Vorhang) und hinein kommt man nur ohne Motor-Fahrzeuge, ohne den Plunder des modernen Lebens. Zu Fuß oder auf dem Pferd darf man dann in das neue, unbekannte Land ziehen. In die WÄLDER.
Wölfe gibt es dort ja schon; man könnte noch Luchse ansiedeln, ein paar Wisente, ein paar Großtrappen. Der Wald wäre sich selbst überlassen, und schon nach fünfzig Jahren sähe es in dieser Zone aus, wie im frühen Mittelalter. Ein Dickicht, ein Märchenwald, eine Wildnis.
Und dort würde ich gerne meinen Lebensabend verbringen, in einer Blockhütte, an einem See. Der Himmel weit und klar, die Tannen ein einziges, dunkles Rauschen, und in der Nacht heulen die Wölfe.
Es hört sich romantisch an, es scheint ein weltabgewandter Traum zu sein, aber es wäre möglich, noch zu unserer Lebenszeit.

 

 

Stattdessen der nächste Baumarkt, das nächste Maisfeld für die nächsten Großraum-Autos. Wachstum, Fortschritt, Niedergang.
*
In nichts kann ich mich zur Zeit so vertiefen, wie in Schach. Neben dem Schreiben ist es das Einzige, bei dem ich in den flow tauchen kann. Ich leihe mir ein Schachbuch nach dem anderen aus der Bibliothek und entdecke taktische Möglichkeiten, die ich auf diesen 64 Feldern nicht für möglich gehalten hätte. Das Spiel ist eine Mischung aus Krieg und Tanz. Und ich stolpere mittlerweile nicht mehr ungelenk durchs Feld oder über den Tanzboden. Stufe 4 von Chess Titans nutze ich nur noch, um verschiedene Angriffsstrategien zu üben; kaum zu glauben, dass dieses Level mir vor einigen Wochen noch einige Schwierigkeiten bereitet hat.
Besonders gut gefällt mir zur Zeit die Vorgehensweise Karpows im Kandidatenmatch 1974 (ich schrieb bereits davon). Dieses brachiale Reinhauen mit zwei Türmen und der Dame in die Königsflanke; wenn der König nicht erfahren genug ist, hat er nicht den Hauch einer Chance.
Karpow war sowieso ein großartiger Schachspieler, nicht ohne Grund ist er jahrelang Weltmeister gewesen. Doch galt er immer als ein etwas farbloser, zurückhaltender Spieler (habe ich gelesen). Dabei geht er mit einer unglaublichen Eleganz vor, zwar kühl und wohldurchdacht, und auch ganz ohne spektakuläre Opfer und dergleichen, aber doch mit einer scheinbaren Leichtigkeit, die mich völlig fasziniert (jedenfalls in den Partien, die ich bislang durchgespielt habe).
Ich kann mich gut an ihn erinnern, als er in dem schwarzweißen Fernsehgerät auftauchte, mit dem in den 70ern Jahren auch Jochen Mass und Muhammad Ali in unser Wohnzimmer übertragen wurde. Seinerzeit war Schach eine populäre Sportart (ein Kampf der Gehirne im Kalten Krieg), über alle Weltmeisterschaftskämpfe von Kasperow gegen Karpow wurde in verschiedenen Fernsehsendungen berichtet. Ich habe jetzt noch dieses geheimnisvolle, fremde Gesicht von Karpow vor Augen – ein Mann aus der Welt hinterm Eisernen Vorhang. Ich mochte dieses Gesicht. Das Kind, das ich war, mochte dieses Gesicht. Vielleicht habe ich wegen diesem Gesicht damals angefangen Schach zu spielen (und schnell wieder aufgegeben). Und es ist nur folgerichtig, ist geradezu eine späte Verbeugung, dass ich wieder mit Karpows Partien beginne.

 

 

Die Dame stand vorher auf e3

.

„FEEL ME!“ – Die beste Serie, die ich jemals sah: THE WIRE

Wir schauen gerade die vierte Staffel der Serie „The Wire„, die von Kritikerinnen für die beste Fernsehserie aller Zeiten gehalten wird. Da ich nicht alle und nicht mal viele Serien kenne, kann ich das nicht beurteilen. Es ist jedenfalls und mit Abstand die beste, die ich jemals gesehen habe.
„There you go. Giving a fuck when it ain’t your turn to give a fuck.“

„The Wire“ (2004 – 2008) erzählt vom Niedergang der Stadt Baltimore (Maryland). Es geht in jeder Staffel um einen anderen Schwerpunkt: die heruntergekommenen Slums, in denen die Drogendealer ihre Ware verticken, die Arbeit der Polizei, die Intrigen der politische Elite, der Kampf der Gewerkschaft im Hafen, das Schulwesen in den sozialen Brennpunkten, welche Geschichten in die Medien gelangen und welche nicht. „The Wire“ kennt kein Zentrum und keine „Hauptfigur“; es beleuchtet die Handlungen, das Denken und die Gefühlswelt der verschiedenen Gruppen und Einzelpersonen aus allen möglichen Blickwinkeln. Es wird gezeigt, wie die Arbeit der Polizei sich bloß noch an manipulierbaren statistischen Erfolgen orientiert und der Versuch, durch beharrliche und geduldige Arbeit die Strukturen aufzudecken und zu verändern, ausgebremst wird. Beste Absichten können ins Gegenteil umschlagen. Intelligenz, Phantasie und  Gerechtigkeitssinn können an die Spitze des Rathauses führen oder eine Karriere als Gangster ebnen, Willenskraft und Wut auf die falschen Verhältnisse können zum Mörder machen oder zum Sozialarbeiter, Rassenkonflikte werden von korrupten Schwarzen ausgenutzt, um sich zu bereichern; weiße Rassisten missbrauchen ihre Position für sadistische Spiele mit schwarzen Jungs. Frauenverachtung und „rape culture“ sind überall präsent, aber Beziehungsprobleme hat nicht nur Säufer Jimmy McNulty mit seiner entnervten Frau, sondern auch die coole Kima Greggs, deren Geliebte unbedingt ein Kind will. In „The Wire“ ist keine einzige Figur reines Klischee, hat jede Tiefe und Individualität.
„World be getting warmer, people be getting colder.“

Das Beste an „The Wire“ ist, dass es den Zuschauerinnen Intelligenz unterstellt. Es wird nicht alles „auserzählt“. Was zu sehen und was zu hören ist, ist nicht redundant. Musik zum Beispiel wird sehr sparsam eingesetzt und keineswegs zur „Untermalung“ des Geschehens. Es gibt auch keine künstliche Verdunklung der Szenerie durch extra düstere Beleuchtung, keine Ästhetisierung der Bilder durch perfekte Kompositionen. Ein Blick auf „The Wire“ genügt, um sowohl den Abstand zur Bildersprache der Werbung als auch zum Dokumentarfilm deutlich zu machen: Hier wird weder distanziert und cool ein „Hard core“-Klischee-Medley gespielt, noch pseudo-echt mit Wackelkamera herumgefilmt. Klare Farben, hohe Auflösung, Aufmerksamkeit auf alle Details, aber ohne prätensiösen Zeigegestus. Hier wird niemand vorgeführt oder belehrt. Die Zuschauerin soll zuschauen, hinhören, aufpassen. Wer nicht aufpasst, kapiert nichts.
„My name’s Proposition Joe. You fuck with me, I’ll kill your whole family.“

Und mit der Zeit kristallisieren sich die Figuren und die Beziehungen heraus. Manche schließt eine ins Herz: „I´ve got a crush on Omar Little„(Der ist aber stockschwul). Dann verliert die Zuschauerin sie für eine Weile wieder aus den Augen. Später trifft sie sie an irgendeiner Ecke wieder. Corner boys. Da ist zum Beispiel Bodie, den sie schon aus der ersten Staffel kennt. Da war er noch ein großmäuliger Jugendlicher. Bodie ist erwachsen geworden, hat einen Freund ermordet. Bodie will sich daran nicht erinnern. Besonders nicht, als er erfährt, dass sein neuer Boss Marlo Stanfield seinen Kollegen, den fetten Kevin, hat erschießen lassen. Er fährt sich mit der Hand durchs Gesicht, eine knappe Geste. Es kann jeden erwischen. Bodie hat keine hohe Lebenserwartung an seiner Ecke. Er weiß es. Dass er einmal für Marlo an einer Ecke stehen würde, hätte er sich auch nicht träumen lassen. Bodie war ein Barksdale-Mann. Aber Barksdale und sein Strippenzieher Stringer Bell sind längst schon Geschichte. Auch im Hafen war die Zuschauerin schon eine Weile nicht mehr, wo der verbissen kämpfende und überforderte Gewerkschaftsfunktionär Frank Sobotka ermordet wurde. Das war in Staffel zwei. In manchen Gegenden von Baltimore ist es nicht leicht, alt zu werden. Es ist vor allem der Zufall, der die Chancen verteilt. Und das Geld. Lester Freamon, der geduldig die Mobiles abhört,  will dem Geld folgen. Staatsanwältin Rhonda Pearlman stellt die Vorladungen aus. Da wird man in den oberen Etagen nervös. Commander Bunny Colvin versucht es von unten: Er gründet „Hamsterdam“, eine Zone, wo Drogenkonsum und – verkauf nicht verfolgt werden, um den Rest der heruntergekommenen Nachbarschaften sicherer zu machen. Das Experiment zeigt erste Erfolge, bevor die Presse davon Wind bekommt. Colvin muss den Polizeidienst quittieren und taucht in der nächsten Staffel als Berater eines Bildungsprojektes für gefährdete Jugendliche an einer Middle School in West Baltimore wieder auf. Hier trifft er den polnischstämmigen Roland Pryzbylewski (Presbo) wieder, der als Polizist gescheitert ist, dem es aber als Mathematiklehrer nach einem desaströsen Beginn gelingt, das Vertrauen seiner Schülerinnen zu erwerben und sie für Wahrscheinlichkeitsrechnung zu begeistern. Auch sein Engagement wird von der Schulbehörde, die „Teaching to the test“ für die Statistik verlangt, behindert.
„This is America, man.“
Es ist unmöglich, die vielen Stränge der Erzählung hier nachzuerzählen. Die fünfte Staffel habe ich gestern bestellt. Was für ein großartiges Werk. Autor ist David Simon, der zwölf Jahre für die Baltimore Sun als Gerichtsreporter arbeitete. Das merkt man den Geschichten und Figuren an, von denen er erzählt. Sie stehen nicht für etwas, sie sind keine „Typen“ und keine reinen Projektionen eines weißen männlichen Bewusstseins, das sich eine Welt zusammenerzählt und kritisiert, wie sie ihm gefällt oder ihn romantisch schaudernd fasziniert. Diese Figuren sind aus genauen Beobachtungen entstanden und aus der Bereitschaft, sich überraschen zu lassen, davon, dass zwar alle Klischees wahr sind, aber Klischees niemals alles sind. Produzent und Co-Autor der Serie ist Ed Burns. Burns hat seine langjährigen Erfahrungen als Polizist und Lehrer in die Serie einbringen können. Mit „The Wire“ zeigen sie die Dysfunktionalität der bestehenden politischen, sozialen und gesellschaftlichen Systeme in den USA. Sie zeigen aber auch, mit wieviel beharrlichem Eigensinn Individuen sich gegen diese Systeme stemmen.

LITERATUR ALS RADIOKUNST | Elisabeth Wandeler-Deck im ORF- Studio | Produktionsnotizen

||| SPRACHE KONKRET | BEHARRLICHE ANLAGE | KLANG- RAUM | HÖR- ZEIT | RELATED

EWD studio 01

SPRACHE KONKRET

Sprache ist kein Ding , man kann sie nicht anfassen. Sprache lässt sich nicht in Portionen teilen . Sie ist schliesslich kein Konto , von dem wir abheben oder Zinsen kassieren können . Sprache ist ein abstraktes System , das die Regeln der Wort- und Satzbildung , der Flektion oder der Subjekt-Position organisiert und in Bahnungen leitet . Sichtbar , hörbar , erfahrbar wird Sprache erst in der konkreten Äusserung : bei Rede und Gegenrede , Sagen und Sprechen , Schreiben und Lesen .

Die französischen Strukturalisten haben dies schlüssig gefasst , indem sie das abstrakte System als “langue” bezeichneten und die verbale Konkretion als “parole” . Sprache ist indes nie ein neutrales Material , da ihre Komponenten – Wörter , Sätze und andere Fügungen – mit Bedeutungen aufgeladen sind . Bedeutungen mithin , welche immer auch Deutungen der Phänomene enthalten . Grosse Konfigurationen solcher Deutungen nennt man dann “Diskurse” .

Für die Schweizer Autorin und Musikerin Elisabeth Wandeler-Deck ist Sprache Material, das sie in jedem ihrer Werke nach poetischen und konzeptuellen Prämissen formt und konfiguriert . Dabei werden Bedeutungen kanalisiert , welche – oft in abrupter Montage – nicht den gängigen Modellen von Welterzählung , Welterklärung , Weltverklärung folgen . Genres wie Prosa , Essay und Lyrik sind für Wandeler-Deck Matritzen, welche Weisen der Weltwahrnehmung konfigurieren . Die Autorin bedient sich dieser “Formate” , um in verschiedenen Perspektiven das anzuvisieren , was sie eigentlich interessiert : Form und Formung von Sprache .

Als seit Jahrzehnten erfahrene Musikerin, Autorin und Sprechkünstlerin ist Wandeler-Deck eine reflektierte Performerin zwischem strengen Konzeptwerk und szenisch-musikalischer Improvisation. Viel von diesem Erfahrungswissen zur konkreten Fügung und deren Artikulation ist in ihr Werk für die Reihe “Literatur als Radiokunst” eingeflossen: einem 2012 publizierten Gedicht folgend lautet der Titel “Beharrlicher Anfang – doch doch sie singt”.

|||

EWD partitur schema diverse

BEHARRLICHE ANLAGE

In ihrem flächig angelegten Sprechstück sieht Elisabeth Wandeler-Deck zehn Spuren und Stimmen vor, welche in einem teils vorher geplanten, teils in der Situation improvsierten , teils zufälligen Schlüssel mit- manchmal auch gegeneinander klingen. Die Einzelstimmen bzw. “Textstränge” dieses polyphonen Ensembles sind aus unterschiedlichen Materialien gefügt : Sätze und Verse aus eigenen Werken , Kontextsätze , Satzcluster zu speziellen Verben , musikalisch getaktete Wortgruppen , welche in Loops als Wiederholungen wiederkehren .

Um diese Quelltexte als Textstränge , welche poyphon verflochten werden sollen , zur Verfügung zu haben , müssen diese natürlich zunächst einzeln eingesprochen und aufgenommen werden , wobei die Sprecherin ihre Stimme in verschiedensten “Spielweisen” ausprobiert . Zusammen mit Tonmeister Martin Leitner werden Varianten von Lautstärken und Tempi , Tonhöhen und Stimm- Intensitäten ausprobiert , als Spuren angelegt und mittels der Studiotechnik hier verdichtet , dort in distinkten Klangräumen situiert .

So wird etwa das Verb “ich bediene mich” konjugiert und im Flüsterton gesprochen , womit diese für die Poetologie des Stückes eminent bedeutende Formulierung eine suggestive Dichte erhält : als poetologisches Wasserzeichen prägt sich dieser Begriff dem ganzen Stück ein . Unüberhörbar erinnert dieses “ich bediene mich” in flektierter Wiederkehr daran , dass wir beim Sprechen und Schreiben bewusst oder unbewusst Sätze und Worte , Texte und Kontexte zitieren . Und genau die dadurch bedingten Interferenzen sind es ja , auf die Elisabeth Wandeler-Decks Stimm- Komposition abzielt .

|||

EWD Mikrophonierung

KLANG- RAUM | HÖR- ZEIT

Mittels verschiedener Valenzen von Hall , Lautstärken und Situierung der Stimme im 5. 1. Surround- Spektrum , werden extensive Räume modelliert . Diesen Räumen , in welchen sich die Stimme quasi “nach aussen” in ihrem Klang entfaltet stehen gleichsam “innere” Klanglichkeiten gegenüber . Indem Elisabeth Wandeler- Deck nicht nur Sätze und Worte als Material für das Sprechstück heranzieht , sondern mittels klangvoller Silben und Vokale das reine Lautmaterial gleichsam herauszoomt , bindet sie diese Stimmklänge unterhalb der Wortgrenze an den sprechenden Körper zurück . Wir hören menschliches Lauten quasi in Nahaufnahme , womit die intensiven Räume der Körperklänge ( Barthes’ “Körnung der Stimme” ) den extensiven Räumen der Stimmentfaltung gegenüberstehen .

Der Erfahrung von Räumlichkeit ist das Bewusstsein für Zeit eingeschrieben : Wir erkunden Räume u. a. mittels der Zeit , welche nötig ist , diese Räume zu durchqueren . Dieses Prinzip der “Echtzeit” gilt ganz besonders für die Rezeption eines Klangwerks : während wir Lektüren durch Überfliegen und Querlesen gleichsam “beschleunigen” können , fordert uns das Hörwerk dazu auf , die Entfaltung von Klängen in ihrer zeitlichen Sukzession mitzuvollziehen . Darin sind die lautlichen Gleichzeitigkeiten der miteinander “verschlauften” Einzelstimmen eingeschlossen . Die ästhetische Konfiguration ereignet sich damit zugleich in horizontal zeitlicher Folge sowie in gleichzeitig vertikaler polyphoner Verdichtung :

In dieser und in allen meinen Arbeiten kreuzen sich architektonisches Denken mit Haltungen des “instant composing” der frei improvisierten Musik, konzeptuelles Vorgehensweisen mit Momenten des Wilden. Dies gilt sowohl für die Textarbeit wie für die Klangentwicklung.

|||

O-26 W. IN B.

pflegeleicht der Mann, angeblich,
Gehen Sie weg, ein zweites Mal,
lauter, und man ging weg.

Und vom Schnee, den weiten Wegen,
immer mit Hut, oft mit nassen Hosen zurück,
sonntags, auch an manchen Samstagen.

Struktur der Woche: Arbeit bis ½, ¾ 11,
zusammenräumen, Tisch putzen,
dasselbe von ½ 2 bis ½, ¾ 5.

Dazwischen, und danach, das Essen.
Bettruhe ab ½ 8, daran rüttelt niemand,
am wenigsten er, aus Prinzip.

Eigenbrötler, sich selbst stets genug.
Und am Abend auf die Menge Arbeit sehr stolz.
Am Morgen Klopfen: Es ist Zeit!

Tasse, Löffel, Gabel – kein Messer.
Und immer den Anschnitt in Stückchen
zerrissen, einen schönen Haufen daraus.

Die eine Hälfte in die erste Tasse Kaffee,
die andere in die zweite;
beide langsam ausgelöffelt und ausgeputzt.

Hager, knochig, nicht mager, sehr adrett –
so Schritt für Schritt über die Berge,
immer am Kopf oder in der Hand den Hut.

Schreibend mit sehr kurzem Stift,
wenn keiner in der Nähe ist, auf das Fensterbrett,
geschwind aus dem Papiervorrat oben im Gilet.

Sonst alles versteckt. Commishaftes
Abschreibsystem, wie er selbst sagt,
sonst alles versteckt.

Überall, wo er gewesen war,
bald weitergegangen, immer weiter,
aus freier Lust am Austreten, ungejagt.

Schlendernd, hin- und herfegend
in einem so heiteren, für alle aufgeräumten Land,
auch sehr gesprächigen, voller Geduld

auf Schneeglöckchen wartend anstelle von Rosen,
zwischen den Seen, bisweilen auch unentdeckt
in einem Zelt am Fuß des Himalaya

(Sonntag, 17.8.2003, 16.30 Uhr, Berlin)

MOUNTAINS OF DISBELIEF. Thomas Hartmann in der Weißfrauen Diakoniekirche in Frankfurt a.M.

Die Ausstellung ist eröffnet. „Das ist ein Ding…“, „Und wie…“, „Wie lange hat das gedauert?“, „Hast du gesehen?“ Allseits Staunen und Raunen. Auch der Vater des Künstlers war stolz, wie er dem meinem sagte. Schneck08 (Sebastian Rogler) war da, was mich besonders gefreut hat. Unsere Freunde Guido Rohm und Seraphe waren mit Tochter Sternchen aus Fulda angereist. Mein Hals war immer noch rauh und die Stimme reichte kaum für die ganze Rede (hätte ich mich besser kürzer gefasst). Apfelwein und – saft floss, man stand in Gruppen und sprach (über das Kunstwerk, tatsächlich, was bei Ausstellungseröffnungen nicht üblich ist). Morel klopfte BenHuRum auf die Schulter: „Das ist dein Meisterwerk.“ So ist es! Gehen Sie hin, schauen Sie selbst!

Mountains of Disbelief

 
Ich interviewte den Künstler nicht, wie mir Phyllis Kiehl, die leider nicht kommen konnte, geraten hatte. Großmütig verzichtete ich auf unangenehme Fragen wie: „Was willst du ausdrücken mit dieser architektur-parodistischen Installation?“ oder „Welche erotische Beziehung hast du zum Material Verpackungspappe?“. Selbst Suggestivfragen stellte ich nicht, bei denen er bloß sagen hätte müssen: „Ja, kann man so sehen.“ Wie zum Beispiel: „Ist es nicht so, dass der Kontrast von organischem Wachstum und anorganischer Ordnungsstruktur dein Gesamtwerk prägt?“ Ich ordnete das Werk auch nicht kunsthistorisch ein, weder soziokulturell („Wegwerfgeschirr und Hochkultur“), noch hermeneutisch („Wunden zeigen. Wunder glauben. “) noch dekonstruktivistisch („Die Abwesenheit von Laokoons Waschbrettbauch“).
Stattdessen sprach ich über den „ungläubigen Thomas“ (Auszug):

„Das Erste, woran ich spontan dachte, als ich die Einladungskarte las und sah: MOUNTAINS OF DISBELIEF und ZEIGE DEINE WUNDE, war der Apostel Thomas, der auch „der Ungläubige“ genannt wird. Thomas, der einer der zwölf Jünger Jesu war, verlangte, die Wunde des Herrn mit eigenen Augen zu sehen, um zu glauben. Es genügte ihm nicht, dass der abstrakte Gott der Schrift in der Gestalt Jesu Fleisch geworden war, Thomas forderte nun sogar: ZEIGE DEINE WUNDE.

Guido Rohm, Melusine Barby (aka J.S. Piveckova), Seraphe,
staunend

 
Das Bilderverbot des jüdischen Glaubens hatte seinen Sinn darin, mit der abstrahierenden Definitionsmacht des Wortes sich der Magie der gegenständlichen Bildnisse zu entziehen. Geglaubt werden sollte fortan gerade, was nicht zu sehen und anzufassen war. Diese Abstraktionsleistung verweigert der „ungläubige Thomas“. Thomas erscheint in seiner Gier nach Anschaulichkeit als ein schwerfälliger Schüler, der halt ein bisschen länger braucht, um das Ganze zu begreifen. Am Ende genügt es ihm nicht einmal, die Wunde bloß zu sehen. Ich glaube nur, wenn ich meine Hand in seine Seite lege., sagt Thomas im Johannes-Evangelium. Jetzt wird deutlich, wie gewaltsam sein Verlangen nach Beweisen ist: LASS MICH IN DEINER WUNDE BOHREN.

Mountains of Disbelief (Detail)

 
Während die Gläubigen Thomas´ Unwillen, irgendetwas zu glauben, was nicht zu sehen und nicht anzufassen ist, beklagen mögen, können die Zweifler in ihm einen frühen Schutzpatron erkennen. Das ist ein Mann, der sich kein X für ein U vormachen und sich nicht mit schönen Worten abspeisen lässt. Thomas kann damit gleichsam als ein Vorläufer unserer modernen westlichen Weltsicht gelten, die eine Welt des Zeigens und Gezeigt-Werdens ist, der Entblößung und Aufdeckung, aber eben auch eine Welt des Misstrauens – gegenüber dem Wort und der Schrift, jedoch ebenso des Misstrauens gegenüber den Bildern, die lügen können und mit deren Hilfe dauernd gelogen wird. Es steckt, das Verlangen des ungläubigen Thomas zeigt es, im Bilderwollen genauso viel Gewalt wie im ursprünglichen Bilderverbot.

Mountains of Disbelief (Raucherecke)

 
In der Welt der Bilder kann nur Sinn machen, was vorzeigbar und festzuhalten ist. Auf diese Weise ist das Bild stets auch ein Ausschluss, eine Löschung all dessen, was nicht gezeigt wird. Wie in der Wörterwelt das Konkrete der Abstraktion geopfert wird, so wird in der Bilderwelt ausgeschlossen, was als nicht bildwürdig gilt. Die Installation MOUNTAINS OF DISBELIEF von Thomas Hartmann zeigt Ihnen vieles, aber sie trifft offenbar diese Unterscheidung zwischen bildwürdig und bildunwürdig nicht. Vor meinen Augen entsteht hier – jenseits des Logos – ein faszinierender und lustvoller Einspruch gegen die Herrschaft der erstarrten und erstarrenden Sinn-Bilder. Es ist nicht wahllos, was und wie Sie hier etwas zu sehen bekommen, aber es ist auch nicht zwingend in jenem zwanghaften Sinn, der behauptet, etwas könne nur so und nicht anders sinnfällig und bedeutsam werden. Sie können umher gehen in dieser Kirche und zeigen: auf bunte Bälle und Trinkhalme, auf Sumo-Ringer-Hosen und Joseph-Silhouetten, auf Teppichrohre und Kruzifixe, auf Grass und Ente, Pfeife und Schlange. Sie können einen eingehegten Altar umkreisen oder eine Raucherecke finden. Aber wann immer Sie versuchen werden, sich ein Bild zu machen, werden Sie vor diesen Gebilden feststellen, dass der Bilderrahmen überschnitten wird, dass es aus ihm herausquillt und in ihn hineinwuchert. Immer wieder kann man hindurch und hinaus schauen. Sie können sinnstiftende Bezüge herstellen zwischen Formen und Farben, Zitaten und Metaphern und doch wird sich wohl kaum alles schlüssig zu einem einzigen Gesamtbild fügen. Das Gebilde, das hier entstand, ist stabil und fragil zugleich: Es hält, aber es wird nicht bleiben. Die Bildwerke aus Pappe und Papier, Zeitungsausschnitten, Spielzeug und Müll, die hier gezeigt werden, können woanders ganz anders zusammen gesetzt sein. Sie stehen nicht für sich allein, sondern sind in Beziehungen und Abhängigkeiten gebracht, die jedoch nur befristet gelten. Metamorphosen deuten sich an; alles kann zu anderer Zeit, an anderem Ort sich anders fügen. Vielleicht werden Sie stehen bleiben und staunend schauen, während andere durch die Pappkonstrukte hindurch auf Sie schauen, wie Sie zeigen, was Sie gerade sehen. Die Gesetze des Bildes: Kohärenz, Konzentration, Kontemplation sind hier außer Kraft gesetzt. Stattdessen finden Sie Übersprünge und Überfülle, stoßen Sie auf Weiterungen und Wucherungen.

Mountains of Disbelief (Laokoon-Gruppe)

 
Es behält hier keiner recht oder wird ins Unrecht gesetzt. Weder der Skeptiker noch der Sinnstifter. Sie können beide Positionen einnehmen. Sie können mit ihnen spielen. Sie kamen her, um Berge des Unglaubens zu sehen. MOUNTAINS OF DISBELIEF. Sie werden gesehen inmitten von Bergen des Unglaubens. Wo ein Berg ist, ist auch ein Weg durch den Berg. Aus der Wunde der Stadt, der sich dieser Kirchenbau Werner Neumanns aus den fünfziger Jahren verdankt, weil die alte Weißfrauenkirche in der Altstadt 1944 bei einem Bombenangriff ausbrannte, ist ein Raum geworden, fest und farbig, in dem sich zu Zeigendes verbirgt und Unzeigbares sichtbar werden kann. Die Stadt, deren Wunde von damals nicht mehr offen liegt, wird aber auch weiter verwundet. Um die Ecke wurden Zeichen gesetzt, indem man in Zelten vor Bankentürmen kampierte. Nebenan finden Wohnungslose dieser Stadt Hilfe. Sie können manche Wunden sehen und auf sie zeigen. Sie können auch in den Wunden bohren.

Thomas Hartmann (BenHuRum)

 
Aber vor allem können Sie hier in und vor Thomas Hartmanns Installation erleben, wie viel Lust und Energie, Farbe und Formenfülle sich aus Verwundung und Verwunderung, Wohlstandsmüll und Verpackungsmaterial, Überfluss und Schein, Kitsch und Kunstwollen schöpfen lassen. Alles hat einen Wert, jedoch nicht den, der sich auf ein Preisschild schreiben lässt. Statt der Ökonomie des Mangels zu huldigen und sich dem Spar-Zwang zu beugen, wird hier in barocker Manier verschwenderisch in die Vollen gegriffen. Sie können das genießen und dabei etwas verstehen, was in Worten nicht ausgedrückt werden kann. Und deshalb müssen Sie tatsächlich hier sein und sehen; nicht um zu sehen, was sie nicht glauben können, sondern um zu sehen, was nicht zu beschreiben ist. VERSORGE DEINE WUNDE. VERSORGE DICH.
Schweifen Sie umher, entdecken Sie die Gastbeiträge von Gerald Domenig, fabelhafte Tiere und transsexuelle Skulpturen, die Eierkartons und das kubistische Bildnis und vieles mehr. Die Möglichkeiten scheinen unendlich, Bezüge und Deutungen herzustellen. Seien Sie nicht geizig!“
***
Schauen Sie selbst, wenn Sie in Frankfurt am Main sind. Bis zum 28. Juni in der Weißfrauen Diakoniekirche Gutleutstraße/Ecke Weserstraße. (Nur 5 Minuten zu Fuß vom Frankfurter Hauptbahnhof).
Fotos: Morel

Kurztitel & Kontexte bis 2012-05-27

  • in|ad|ae|qu|at » Salon Littéraire | Barbara Köhler : ZUM BEISPIEL http://t.co/s9rrt9qt May 27, 2012
  • isla volante » alle jahre wieder http://t.co/7uO4BLiu May 27, 2012
  • andreas louis seyerlein : particles » handohren http://t.co/ieXcyy2D May 27, 2012
  • Nachrichten aus den Prenzlauer Bergen! » Die Kernprobleme der Kulturgeschichte http://t.co/Td2jBRRP May 26, 2012
  • The Glumm » Der schönste Satz der ganzen Stadt http://t.co/SUVLcSZf May 26, 2012
  • Gleisbauarbeiten » Dieser Zug hält hier nicht! http://t.co/Q39eG6pg May 26, 2012
  • Die Dschungel. Anderswelt. (Alban Nikolai Herbst / Alexander v. Ribbentrop) » Genuß und Pracht. http://t.co/8F9UjJEY May 26, 2012
  • The Glumm » Der schönste Satz der ganzen Stadt http://t.co/P7Ljy9dd May 26, 2012
  • Tainted Talents (Ateliertagebuch.) » Bedenkenswert: http://t.co/8jGjhHLQ May 26, 2012
  • Tainted Talents (Ateliertagebuch.) » Gerbrand Bakker / Oben ist es still http://t.co/f6HvAGbq May 26, 2012
  • Tainted Talents (Ateliertagebuch.) » Anna Katharina Hahn / Am Schwarzen Berg http://t.co/372zpKyJ May 26, 2012
  • Tainted Talents (Ateliertagebuch.) » Gerbrand Bakker / Der Umweg http://t.co/hLzKaOKm May 26, 2012
  • Tainted Talents (Ateliertagebuch.) » Gerbrand Bakker / Oben ist es still http://t.co/YTYn2ycl May 26, 2012
  • Tainted Talents (Ateliertagebuch.) » Phyllis Kiehl / Fettberg http://t.co/YVMAkdwX May 26, 2012
  • The Glumm » Die neue No. 3 (Opa erzählt vom Krieg) http://t.co/K4RNIx7E May 26, 2012
  • The Glumm » Bin ich tot http://t.co/xd4RTuUI May 26, 2012
  • The Glumm » Juli 1977, Chalon-sur-Saône http://t.co/7yr06MUt May 26, 2012
  • Nachrichten aus den Prenzlauer Bergen! » Mythos & Nebensatz http://t.co/D18lfJ0L May 26, 2012
  • Die Dschungel. Anderswelt. (Alban Nikolai Herbst / Alexander v. Ribbentrop) » Und Pfingsten wird so grün sein. D… http://t.co/7IkWKzZS May 26, 2012
  • Guido Rohm – Aus der Pathologie » 26. Mai 2012, Rohm, Waffennarr, kein Pazifist, 9.01 Uhr http://t.co/UQJAoRE3 May 26, 2012
  • isla volante » bewegt http://t.co/DbsKH84W May 26, 2012
  • taberna kritika – kleine formen » @etkbooks twitterweek (20120526) http://t.co/wJRWDCrx May 26, 2012
  • pödgyr » 72jungfrauen http://t.co/gnVNcy4o May 26, 2012
  • andreas louis seyerlein : particles » möwen http://t.co/lyERsUgr May 26, 2012
  • Gleisbauarbeiten » 20.40 Uhr (Aus der Serie: Das ist kein Gedicht!) http://t.co/nXI6cLYT May 25, 2012
  • Tainted Talents (Ateliertagebuch.) » Bedeutungslüstern, erster Anlauf http://t.co/bJv8GPPC May 25, 2012
  • Nachrichten aus den Prenzlauer Bergen! » Nein!!! Nicht das! http://t.co/xqoxHvni May 25, 2012
  • e.a.richter » 0106 – ORTSBESTIMMUNG http://t.co/tQ0rQlag May 25, 2012
  • Guido Rohm – Aus der Pathologie » 25.5.12 http://t.co/CkS7VsAn May 25, 2012
  • Visuelle Poesie » ich seh dir in die augen, kleines http://t.co/Ym3Cgl1Q May 25, 2012
  • rheinsein » Das 19te unterthänigst http://t.co/6XcwRSTk May 25, 2012
  • Nachrichten aus den Prenzlauer Bergen! » Das Funzen als solches http://t.co/Ny3YbC1H May 25, 2012
  • The Glumm » Die neue No. 3 http://t.co/KMlrYKZU May 25, 2012
  • Die Veranda » Alfred Hitchcock’s Rattenlied (wenn ich so will) http://t.co/orgymcDs May 25, 2012
  • Die Dschungel. Anderswelt. (Alban Nikolai Herbst / Alexander v. Ribbentrop) » In den Kammern eines verschachtelt… http://t.co/78obWrXc May 25, 2012
  • Die Dschungel. Anderswelt. (Alban Nikolai Herbst / Alexander v. Ribbentrop) » Das DTs für den 25.5.2012 http://t.co/Y1UkXgT4 May 25, 2012
  • Die Dschungel. Anderswelt. (Alban Nikolai Herbst / Alexander v. Ribbentrop) » Das DTs des 24.5.2012 http://t.co/SL6hHlzq May 25, 2012
  • taberna kritika – kleine formen » Ohne Titel http://t.co/8uSsTLlG May 25, 2012
  • andreas louis seyerlein : particles » feuerzimmer http://t.co/lgN1gAgj May 25, 2012
  • in|ad|ae|qu|at » Twitter Week vom 2012-05-24 http://t.co/Xz4yyHVI May 24, 2012
  • Gleisbauarbeiten » UNLUSTIG (Primitive Zurückweisung der Ansprüche des Qualitätsmanagements im Literaturwesen) http://t.co/iYIhWHrL May 24, 2012
  • Die Dschungel. Anderswelt. (Alban Nikolai Herbst / Alexander v. Ribbentrop) » Und d o c h kein Ende abzusehen OD… http://t.co/fMRyyulj May 24, 2012
  • Guido Rohm – Aus der Pathologie » 24. Mai 2012, Zurück vom Zahnarzt, 17.36 Uhr http://t.co/f5bgQUFv May 24, 2012
  • Die Dschungel. Anderswelt. (Alban Nikolai Herbst / Alexander v. Ribbentrop) » Das DTs des 23.5.2012 http://t.co/eEkgtkni May 24, 2012
  • Die Veranda » Eddie Calvert in Wendenhammer http://t.co/qqNhKi41 May 24, 2012
  • Die Dschungel. Anderswelt. (Alban Nikolai Herbst / Alexander v. Ribbentrop) » Die Nr. 139 der Kleinen Litblog-Theorie. http://t.co/7S3vWsjM May 24, 2012
  • Tainted Talents (Ateliertagebuch.) » Adieu, Praxis Dr. Schein http://t.co/lEKSau3P May 24, 2012
  • Nachrichten aus den Prenzlauer Bergen! » Literatur fügt Ihnen und … http://t.co/2U5KCn24 May 24, 2012
  • taberna kritika – kleine formen » Zur Digitalen Edition der Schriftproben http://t.co/XY6Bnu1e May 24, 2012
  • isla volante » aussicht http://t.co/kdZgFbZ6 May 24, 2012
  • in|ad|ae|qu|at » Gundi Feyrer : 5 Künstlerfiguren ‘en miniature’ | Der Austellung 2. Teil ( Die Wiener , der Süden ) http://t.co/LxFtMB73 May 24, 2012
  • Guido Rohm – Aus der Pathologie » 24. Mai 2012, Morgendliche Explosionen, 6.03 Uhr http://t.co/kJpkxejV May 24, 2012
  • Nachrichten aus den Prenzlauer Bergen! » Schlinkert http://t.co/F86X5cRC May 23, 2012
  • andreas louis seyerlein : particles » kamele http://t.co/bkJeoLUR May 23, 2012
  • Gleisbauarbeiten » AUTO. Logik.Lüge.Libido: Sucht ohne Leidensdruck (1971 – heute) http://t.co/X9y8lR87 May 23, 2012
  • Die Veranda » Das Hufeisenland http://t.co/sh5ZzGAT May 23, 2012
  • der goldene fisch » Hendrik Rost : A formal Feeling oder nenn es Wonne http://t.co/2z0UDcMW May 23, 2012
  • Guido Rohm – Aus der Pathologie » 23. Mai 2012, Revolution am späten Nachmittag, 16.55 Uhr http://t.co/K5fbBVnj May 23, 2012
  • Tainted Talents (Ateliertagebuch.) » Lethargie ist ein Phänomen, das ich bislang völlig unterschätzt hatte. Soga… http://t.co/aqYi8Dpb May 23, 2012
  • Nachrichten aus den Prenzlauer Bergen! » Dann ist Polen offen http://t.co/czp16BB3 May 23, 2012
  • Die Dschungel. Anderswelt. (Alban Nikolai Herbst / Alexander v. Ribbentrop) » Zur Ästhetik der Hörstücke, darinn… http://t.co/VnvQgjKn May 23, 2012
  • Die Veranda » Mittwoch, 23. Mai 2012, ChickenNuke-Day http://t.co/ujJc14fZ May 23, 2012
  • rheinsein » Rheinische Tierwelt: pünktliche Kröten http://t.co/FvAu0COB May 23, 2012
  • Die Dschungel. Anderswelt. (Alban Nikolai Herbst / Alexander v. Ribbentrop) » Gek l a u t. (Und zwar: sofort). http://t.co/QxdADz2q May 23, 2012
  • Die Dschungel. Anderswelt. (Alban Nikolai Herbst / Alexander v. Ribbentrop) » Das mit einem Filmriß erwachte Arb… http://t.co/Br36IHlR May 23, 2012
  • taberna kritika – kleine formen » 008 http://t.co/1VeWgXPj May 23, 2012
  • Gleisbauarbeiten » Noch bis Ende Juni: Die Ausstellung „MOUNTAINS OF DISBELIEF“ von Thomas Hartmann http://t.co/1yPLZN5b May 23, 2012
  • isla volante » windportrait 54 http://t.co/H4eZkNZG May 23, 2012
  • andreas louis seyerlein : particles » tahiti http://t.co/o9r58qGR May 23, 2012
  • Guido Rohm – Aus der Pathologie » 23. Mai 2012, Aus den “Verordnungen des Schriftstellermorgens”, 5.55 Uhr http://t.co/IQPobfbI May 23, 2012
  • Die Dschungel. Anderswelt. (Alban Nikolai Herbst / Alexander v. Ribbentrop) » Anna Häusler 22.05.2012 http://t.co/DOcZqwdJ May 22, 2012
  • der goldene fisch » Mirko Bonné : Widerstände http://t.co/fj0OkHEB May 22, 2012
  • Guido Rohm – Aus der Pathologie » 22. Mai 2012, Augensonnenbaden, 16.58 Uhr http://t.co/afZsai5x May 22, 2012
  • Gleisbauarbeiten » Abermals „so Tage“: Das Talent der Talentfreien http://t.co/pr9h3GAJ May 22, 2012
  • e.a.richter » 0105 – SACKGASSE http://t.co/Ubsp7LLL May 22, 2012
  • Die Veranda » Dienstag, 22. Mai 2012, Brachgasse http://t.co/c6zTyEJ0 May 22, 2012
  • Tainted Talents (Ateliertagebuch.) » Don’t think too much http://t.co/gfGxv6i0 May 22, 2012
  • Die Dschungel. Anderswelt. (Alban Nikolai Herbst / Alexander v. Ribbentrop) » Darin für Janos Starker. Das Arbei… http://t.co/WD4TvUsy May 22, 2012
  • Die Dschungel. Anderswelt. (Alban Nikolai Herbst / Alexander v. Ribbentrop) » Das DTs des 21.5.2012. http://t.co/CNcK981S May 22, 2012
  • taberna kritika – kleine formen » Maritz, Beatrice: beeilen http://t.co/a2B5OT4F May 22, 2012
  • Matthias Kehles Lyrik-Blog » Gedicht des Tages – Jürgen Nendza http://t.co/cgYPk01Y May 22, 2012
  • isla volante » meer http://t.co/7dsgMfzj May 22, 2012
  • in|ad|ae|qu|at » MICRO | -NOTE | -QUOTE : sentenziös http://t.co/wcRImeVw May 22, 2012
  • andreas louis seyerlein : particles » wolfgang herrndorf : arbeit und struktur http://t.co/H3BoQR5I May 22, 2012
  • Guido Rohm – Aus der Pathologie » 22. Mai 2012, Eine Frage alter Frauen, 6.12 Uhr http://t.co/5jE3f8uX May 22, 2012
  • Guido Rohm – Aus der Pathologie » 21. Mai 2012, An den Rändern des Denkbaren, 19.28 Uhr http://t.co/wcKpNKJe May 21, 2012
  • Die Dschungel. Anderswelt. (Alban Nikolai Herbst / Alexander v. Ribbentrop) » Das DTs für den 19. & 20. 5. 2012. http://t.co/vbsBKtZ3 May 21, 2012
  • Die Dschungel. Anderswelt. (Alban Nikolai Herbst / Alexander v. Ribbentrop) » Parkbank Mitte (Skizze). http://t.co/vRptKI2Y May 21, 2012
  • Die Dschungel. Anderswelt. (Alban Nikolai Herbst / Alexander v. Ribbentrop) » Vorübergehend mutlos. Das Arbeitsj… http://t.co/Nr5gRVod May 21, 2012
  • Die Dschungel. Anderswelt. (Alban Nikolai Herbst / Alexander v. Ribbentrop) » JJR2012 ODER ANHs Rousseau. Auf SR… http://t.co/taQnlZiT May 21, 2012
  • Die Dschungel. Anderswelt. (Alban Nikolai Herbst / Alexander v. Ribbentrop) » Anne Häusler 21.05.2012 http://t.co/VqhOPLyE May 21, 2012
  • Gleisbauarbeiten » SEELENEXPERIMENTE (Aus: Alban Nikolai Herbst: Kleine Theorie des literarischen Bloggens) http://t.co/EHkQHoqk May 21, 2012
  • Nachrichten aus den Prenzlauer Bergen! » Mythenbildung bei den Vizes http://t.co/iZpTwMhK May 21, 2012
  • taberna kritika – kleine formen » Vom Schnee http://t.co/qLABmWcq May 21, 2012
  • Tainted Talents (Ateliertagebuch.) » Einmal geübt, schon gekonnt, XXXI http://t.co/srqAc3Cc May 21, 2012
  • http://t.co/4AWDTSUE weekly wurde gerade veröffentlicht! http://t.co/2goWnXO0 ▸ Topthemen heute von @litblogs_net May 21, 2012
  • in|ad|ae|qu|at » NEUES VON FREUNDEN http://t.co/gEOeTN9l May 21, 2012
  • isla volante » windportrait 53 http://t.co/cNU1ocSO May 21, 2012
  • andreas louis seyerlein : particles » rosen http://t.co/KBmgxgL1 May 21, 2012
  • Guido Rohm – Aus der Pathologie » 21. Mai 2012, Zombieherstellung, 5.50 Uhr http://t.co/EHZt137l May 21, 2012
  • Turmsegler » Shahin Najafi http://t.co/KWz021dq May 20, 2012
  • andreas louis seyerlein : particles » mensch in gefahr / amnesty international : urgent action – ASERBAIDSCHAN http://t.co/1QVWuFnK May 20, 2012
  • Nachrichten aus den Prenzlauer Bergen! » No title http://t.co/PoJrmKjY May 20, 2012
  • Guido Rohm – Aus der Pathologie » 20. Mai 2012, Geschmacksfrage, 17.43 Uhr http://t.co/1go7lBol May 20, 2012
  • e.a.richter » D-33 JOURNAL 1 http://t.co/KgORc6ML May 20, 2012
  • Gleisbauarbeiten » PUNK PYGMALION (34): Akt auf Weiß http://t.co/rAV4CDc9 May 20, 2012
  • Ze Zurrealism Itzelf » Und dann sitzen wir auf einer Hippiedecke, auf der Brücke, von der aus man die Stadt über… http://t.co/108rWJsk May 20, 2012
  • Guido Rohm – Aus der Pathologie » Stille 7 http://t.co/Vy6Him9R May 20, 2012
  • Guido Rohm – Aus der Pathologie » 20. Mai 2012, 3232 Dollar für 20 Minuten Pitt, 8.57 Uhr http://t.co/i8sHnomM May 20, 2012
  • isla volante » windportrait 52 http://t.co/ENtcgAt9 May 20, 2012
  • in|ad|ae|qu|at » Salon Littéraire | Monika Rinck : Affektlehre ( Honigprotokolle 1 | 3 ) http://t.co/F9EsgioN May 20, 2012

Kurztitel & Kontexte bis 2012-03-25