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Kurztitel & Kontexte bis 2013-03-24

Kurztitel & Kontexte bis 2013-03-17

Mississippi River Road 17 | In den Hinterzimmern des Staates Mississippi : Reise, Tag 11b

CLARKSDALE , MS | EXKURS : JOHN DEERE | REKURS : ZIELEINLAUF GREENVILLE | RELATED | ROUTE : GEOLOC

| on the road |

clarksdale map

Davon , dass das Städtchen Clarksdale ( MS ) Anfang des 20. Jahrhunderts den “Golden Buckle in the Cotton Belt ” ( etwa : die goldene Schnalle des Baumwollgürtels ) darstellte , ist längst nichts mehr zu sehen . Alles dreht sich hier um die Highways 49 und 61 , wie es auch etliche Exponate im Delta Blues Museum nahelegen . Wie bereits bei den Sun- Studios ( Memphis ) oder den Exponaten des kultigen Stax- Labels ( ebda ) erweist sich Musik und deren Hintergrund als schwer ausstellbar , dafür nimmt eine unifomierte Schülergruppe Aufstellung nach Orgelpfeifen und treppauf : Choreographie eines Erinnerungsfotos .

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No cheeez please !

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Grobstofflichere Versorgung im General Store von Miss Del (-ta ) : Feed , Seed , and all the stuff you need .

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Leerstand an der Rotfront –

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Grüne Zone : Unsicherheiten bei der genauen Identifizierung von Baumwolle vs Soja  . Wir rufen zwar kräftig in die Felder hinein – allein : es will keine Antwort zurück schallen –

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Mit Stühlchen und Sesselchen im Alu- Schlagschatten : 1 Äusserst gemütliches Arrangement im Gegensatz zum längst verdorrten Kino | Club “New Roxy” .

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Bitte die rechter Hand platzierte mit Noten in der Lehne adornierte Gusseisen- Bank beachten . We are clearly out of here .

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EXKURS : JOHN DEERE

Seien es Landmaschienen , Erntehelfer oder Schaufelbagger : die durch ihre gelb- grüne Lackierung mühelos erkennbare Bärenmarke unter den Traktoren lassen wir ( mit nachträglichem Bedauern ) aus “Zeitgründen” beiseite . Zwar fahren wir am World Headquarter ( Moline , IL ) sowie am Visitor Center ( Dubuque , IA ) ungerührt vorbei . Jetzt aber , am Highwy 61 und kurz nach der Abzweigung in Richtung des Ortes Alligator ( aber was bedeutet dies , wenn alles Lokale entweder “Delta” oder “Alligator” heisst ? ) können die routentechnischen Verfehlungen zwar nicht rückgängig gemacht werden , so bleibt doch der John Deere- Bagger in Elvis’ Graceland und die hier in Mississippi ausgestelllte kleine Flotte , welche gleich Rieseninsekten auf ihren Einsatz warten .

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Dass die Deere – Kultur langsam auch in Europa Fuss fasst , erweist das Szenario , welches zur Möblierung | Landschaftgestaltung von Märklin- Wohnzimmr- Eisenbahnen in ausgesuchtem Fachhandel erworben werden kann .

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John Deere im Matchbox- Format : Click pic to XL

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REKURS : ZIELEINLAUF GREENVILLE

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Der Grand River , trügerisch blau –

Auf mittleren bis grösseren Strässchen via Rosedale langt in|ad|ae|qu|at um 7 pm im Uferstädtchen Greenville an . Zugegeben sind wir einigermassen weich gekocht ( bei 100°+ F bzw. 38° Celsius ) , umso flotter rekognosziert der Spähtrupp zunächst den ungewohnt blau leuchtenden Mississippi . Merks : Es sind ( siehe Stoddard , Wisconsin ) die gnädig schräg einfallenden Sonnenstrahlen , welche am Tagesanfang wie an dessen Ende von dem schlammbraunen Aggregat ablenkt und mit Spiegelungen des Himmelzeltes auffüllt .

Wie jeden Abend ( egal ob in Gdansk oder in einem jener Heartbreak- Hotels , welche die Route 66 säumen ) wird das – zuvor online gebuchte –Best Value– Motelzimmer mit routnierten Handgriffen initialisiert : Air Condition aus , Kühlschrank an , Eis holen fürs köchelnde Bier . Inzwischen die dampfend- schwitzenden Koffer öffnen , Fotos in den Laptop überspielen und insgesamt fünf Akku- Geräte ( den passenden Verteiler haben wir wohlgedacht mitgebracht ) aufladen .

In Sachen “groceries” fahnden wir – wie es zunächst scheint – vergeblich nach einem dieser fensterlosen und an Forts erinnernden Monstershops . Immerhin braucht es drei Mc Domald’s , zwei KFC [ Kentucky Fried Chicken ] , zwei Subway- Outlets plus zweimal Taco Bell , bis wir den bunkerartigen Walmart entdecken . Wer bisher glaubte , hier kaufe man billig , muss schon angesichts des massiven tagesfrischen Angebots ( etwa von Grünzeug und Fleisch . Oder die schier endlosen Phalangen von cereals ) mit gewaltigen Abschreibungen rechnen : Gleichwohl ist das Aufgebot von insgesamt 37 verschiedenen peanut- butter– Marken ziemlich imposant .

Allerdings sollte man hier nicht unbedingt abhängen , da allseits kräftig gegegn -”loitering” agitiert wird . Was bedeutet , dass eine Jede , ein Jeder eigentlich jederzeit von überall weggewiesen werden kann .

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You have reached your Destination

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RELATED

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ROUTE : GEOLOC

Route : Tunica ( MS ) – Helena ( AR ) – Clarksdale ( MS ) – Rosedale ( MS ) – Greenville ( MS )*

Zoomen Sie sich ein und entdecken Sie mit in|ad|ae|qu|at die Wegpunkte der Fahrt .
tag 11 auf einer größeren Karte anzeigen

* Hier finden Sie ein Register der US- Staaten samt deren Buchstaben- Codes .

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Kurztitel & Kontexte bis 2012-02-05

asmara tigri

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lima : 16.01 – Die Frau, die mir sofort eine Geschichte erzählen wird, scheint müde zu sein. Immer wieder fallen für Sekunden ihre Augen zu. Früher Morgen, Tigri hat die Nacht über gearbeitet. Wir sitzen in einem Schnellzug vom Flughafen in die Stadt. Gerade wollte sie noch wissen, warum ich auf dem Notebook einen Film betrachte, der von einstürzenden Türmen des World Trade Centers berichtet. Sie habe, bemerkt Tigri, sechs Stunden lang Briefe sortiert, das heißt, Luftpostbriefe für Inseln, die im pazifischen Ozean liegen, weil sie eine Spezialistin für Inseln ist, auch für Inseln atlantischer Gebiete, aber vor allem kenne sie sich aus mit Inseln, die Kiribati heißen oder Tonga oder Palau oder Vanuatu. Sie sagt, dass sie diese Namen lieben würde, dass sie Anfang der 70er Jahre in einem Dorf nahe der eritreischen Hauptstadt Asmara geboren worden sei und dass das Dorf im Jahr 1984 wieder aufgebaut werden musste, weil an einem Sonntagabend ein MIG-Flugzeug das Dorf zerstört habe und viele ihrer Freunde getötet. Zu diesem Zeitpunkt lebte Tigri bereits in Westdeutschland. Wenn sie den Namen ihres Dorfes ausspricht, bin ich nicht im Stande, das schöne Geräusch in meinem Kopf zu behalten, aber das Wort Asmara kann ich mir merken. Sobald ich das Wort Asmara formuliere, leuchten ihre Augen, also sage ich dreimal Asmara und freue mich über die Wirksamkeit dieses Wortes. Asmara soll eine Stadt hellen Lichtes sein, sage ich, es soll dort immerzu nach Kaffee duften, und Tigri lacht und ich denke, dass das jetzt entweder so ist oder dass das nicht so ist, dass sie jedenfalls das Helle mag und auch den Kaffeeduft. Man spreche Tigrigna dort in ihrer Gegend, sagt Tigri, und ich bemerke, dass ihr ganzer Name selbst in diesem Wort enthalten sei. Wieder lacht die junge Frau, schließt kurz die Augen, erzählt, dass ihr Bruder, ein Gynäkologe, aus den Diensten eines Krankenhauses entlassen wurde, weil man ihn nicht als das behandeln wollte, was er zu sein wünschte. Mein Bruder, wissen Sie, möchte ein König sein. Nun ist er arbeitslos und König. Er ist natürlich schwarz wie ich, genau so schwarz, und schwarz steht den Königen nur in Afrika. Sie macht eine kurze Pause, reibt sich die Augen. Wir sind jetzt allein auf dieser Welt, sagt Tigri, alles ging sehr schnell. Im vergangenen Jahr sei ihr Vater gestorben in Eritrea, ein glücklicher Mensch, ein Busfahrer, ein sehr stolzer Herr. Im Oktober des selben Jahres sei schließlich die Mutter mit dem Flugzeug via Rom nach Frankfurt gekommen. Sie habe, ohne das zu wissen, einen Tumor im Kopf mitgebracht, im Februar war sie dann umgefallen und tot im März. Tigri lehnt ihren Kopf an die Wand des Zuges, schaut aus dem Fenster. Ein heißer, schwüler Morgen. Ob sie den Film ansehen dürfe, will sie wissen.
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Blogger’s Smalltalk | Fach und Sprache

BLOGGER’S SMALLTALK | FACH und SPRACHE – von Hartmut Abendschein und Christiane Zintzen


via wordle

NEULICH IN SKYPE – WAS REDEN DIE DA ?

„Und wie schaut’s bei deinen Zugriffen aus?“
„Ganz gut, letzten Monat hatte ich 5.000 unique clients und 9.500 pageviews.“
„Das war doch schon mal mehr!“
„Quantitativ schon, aber average time on site und pages per visit sind deutlich gestiegen, was für ein Litblog die wichtigeren Parameter sind. Und einige neue Feed-Abonnenten bei litblogs.net gab es auch.“
„Stimmt, seit dem das Kollaborative und das Konkrete dort dabei sind, sind einige Trolle verschwunden und der traffic wurde breiter. Auch die Qualitätsleser bleiben nun länger dran.“
„Wie steht’s eigentlich mit deinem WordPress-Update?“
„3.2.1. läuft wie geschmiert, das fühlt sich mittlerweile wie ein richtiges CMS an. Und die Metadaten zu Postings und Pages bringen echten Mehrwert.“
„Absolut! Vor allem auch mittels automatisierter Notifications an Twitter und Facebook …“
„Ist ja auch eine Form des CMP …“
„… und mit Flipboard wird dann wieder ein Buch draus.“
„Also kann man sich endlich aufs Schreiben konzentrieren.“

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Skype: Software zur Gratistelephonie via Internet. Zugriffe, unique clients, pageviews etc.: Messgrößen zur Ermittlung der Nutzung von Blogs und Websites. Litblog: Weblog mit literarischen Inhalten. litblogs.net: Website, aggregiertes Magazin aus Litblogs. Feed/RSS: Really Simple Syndication. Datei, die neu publizierte Inhalte automatisch auf den Computer des Abonnenten lädt. Kollaboratives Blog: mehrere Autoren posten in einem gemeinsamen Blog. Konkrete Poesie: inszeniert Buchstaben als visuelle Anordnungen. Troll: Person, die in Blogs und Foren ungeachtet der Sachthemen provoziert.Traffic: Summe der Seitenaufrufe von Blogs oder Sites. WordPress 3.2.1.: Aktuelle Version einer gängigen Weblogsoftware. CMS: Content Management System, Datenbankverwaltung. Metadaten: Stichworte (Tags), die Inhalte indexieren. Postings, Pages: Flexible bzw. statische Websites eines Blogs. Notifications: Statusnachrichten und Links, die automatisiert an Microbloggingdienste und soziale Netzwerke wie Twitter und Facebook gesendet werden. CMP: Cross Media Publishing. Aus gemeinsamer Datenbasis Inhalte für Print, Online generieren. Flipboard: Applikation für IPad etc., mit der aus Verlinkungen in Twitter digitale Magazine bzw. Buchformate entstehen .

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Jacasser

Jarkko
Jarkko Tontti, Tampere 2010 – Foto: Jürgen Jakob Becker

Sillä jokainen tarvitsee avaran tilan

Sillä jokainen tarvitsee avaran tilan, seinät
tuekseen, niistä
koko pullonkohoavan kodin.

Siellä on Jacasserkin valtias,
kaupunkilainen, tarjoaa
lasillisen ystävälle avoimin sylin,
petosta pelkäämättä,
koko pullon jos niikseen tulee
koko pullonja tulee se.

Aamuyöllä ystävä
roikkuu seinään naulattuna
Jacasser havahtuu ja muistaa,
jurtta olisi kotina kevyempi,
vain erämaassa on oikeita ystäviä,
jokainen talo vankila,
kivitalo kuoleman peitenimi.

Pelkkään arotuuleen esi-isät nojasivat,
koko pullonavaruuden tyhjään.

© Jarkko Tontti, aus:
»Jacasser«, Otava, Helsinki 2009

••• Besonders reizvoll an der Reise nach Finnland war für mich auch das Zusammentreffen mit den finnischen Autoren. Sie hatten immerhin den Vorteil, Auszüge aus unseren Arbeiten in finnischer Übersetzung zu kennen. Wir hingegen waren ahnungslos, wen wir vor uns hatten. Die Bescheidenheit dieser Autorinnen und Autoren, die unsere Texte vor dem finnischen Publikum lasen, brachte es mit sich, dass wir auch nur ganz nach und nach erfuhren, was und wie viel sie selbst in Finnland bereits veröffentlicht hatten.

Jarkko Tontti beispielsweise, der dem finnischen Wechsler seine Stimme lieh, ist als studierter Jurist nicht nur Autor juristischer und philosophischer Fachliteratur, von Kritiken und Essays. Darüber hinaus hat er mehrere Gedichtbände und einen Roman vorgelegt und ist als Vizepräsident des finnischen PEN auch politisch für die Freiheit des Wortes engagiert. Ich habe sehr bedauert, dass ich der Sprachbarriere wegen keinen Eindruck bekommen konnte von seiner Dichtung. Dabei aber, haben wir beschlossen, sollte es nicht bleiben. Eine Reihe von Tonttis Gedichten sind ins Englische, Russische, Japanische und Portugiesische übersetzt worden. Ich habe ihn gebeten, mir doch immerhin einige der englischen Übersetzungen zuzusenden.

Nun ist es (sehen wir einmal von Masaoka Shiki ab) bald 15 Jahre her, dass ich mich – damals war es e. e. cummings – an Übertragungen aus dem Englischen gewagt habe. Aber die Gedichte aus Tonttis letztem, 2009 in Finnland erschienenen Band »Jacasser« haben es mir angetan, und so war ich bereits mittendrin im Nachdichten, bevor ich noch eine echte Entscheidung hätte fällen können, es tatsächlich versuchen zu wollen.

In diesem Band führt Jarko Tontti seinen Phantasiehelden Jacasser durch die Zeiten – ja Zeitalter – und Weltregionen. Er ist alterslos, heimatlos Halt suchend, eine kaum greifbare, mytisch anmutende Gestalt eines Wanderers. In einem anderen Gedicht des Zyklus charakterisiert Tontti ihn so:

When Jacasser was old he cast his skin and renewed it like a viper, wrapped himself up as a delicate parchment, a white sheet embroidered with lace. Under his new skin Jacasser was strong and alone. In the evenings he recalled restless African states he didn’t have the courage to visit, houses whose doorbells he’d avoided in fear of an electric shock. Now he’d have time for it all, he’d and he’d. Old and in his skin Jacasser often returned to the water’s edge, sorrowed over the disappearance of the water plants and clear lake water. In the old days it would have been unheard of, the turbidity of an algae lake is the farmer’s gift to future generations. Jacasser also thought about the bottom, the new skin would keep the moisture out, all through that journey.

Der Name geht auf das französische Verb »jacasser« (quasseln) zurück, und auch der Anklang an das englische »jackass« ist nicht ungewollt. Tontti lässt diesen »Einfaltspinsel« »quasseln« und dabei manches gewichtige Thema schultern.

Denn jeder braucht einen weiten Ort

Denn jeder braucht einen weiten Ort, Wände
als Halt, aus denen
koko pullonein Heim wächst.

Dort ist sogar Jacasser ein Herr,
reicht höflich dem Freund
mit offenen Armen ein Glas,
ohne Furcht vor Verrat,
auch die Flasche, wenn es sein soll,
koko pullonund es soll.

Im Frühlicht hängt der Freund
an der Wand, an Nägeln,
Jacasser erwacht und erinnert sich:
Eine Jurte wäre ein lichteres Heim,
und wahre Freunde kennt nur die Wildnis,
jedes Haus ein Gefängnis,
ein Steinhaus: Todesrune.

Nur die Steppenwinde waren den Vorvätern Halt,
koko pullondie Leere des Raums.

© Jarkko Tontti, aus:
»Jacasser«, Otava, Helsinki 2009
Übertragung: Benjamin Stein

Die Verse haben es in sich, und ich bin mir trotz Rücksprache mit Jarkko nicht sicher, ob ich in dieser Nachdichtung nicht vielleicht die Grenzen der Legalität des Übersetzens überschritten habe.

Zum Vergleich hier die englische Nachdichtung von Lola Rogers:

Because everyone needs a roomy place

Because everyone needs a roomy place, walls
for support, a home
koko pullonrising from them.

Even Jacasser is the master there,
urbane, offering
a glass to a friend with open arms,
unafraid of treachery,
a whole bottle if it comes to that
koko pullonand it does.

In the small hours the friend
hangs nailed to the wall
Jacasser awakes and remembers,
a yurt would make a lighter home,
the only real friends are in the wilderness,
every house a prison,
a stone house code for death.

The winds of the steppes were all his forefathers had to lean on,
koko pullonthe empty of space.

© Jarkko Tontti, aus:
»Jacasser«, Otava, Helsinki 2009
Translation by Lola Rogers

Ich weiß, dass einige Turmsegler-Leser Literatur übersetzen, und deswegen möchte ich einige meiner (vielleicht fragwürdigen) Entscheidungen hier beleuchten. Feedback, sei es auch vernichtend, wäre mir sehr willkommen.

a roomy place

Ich habe mich für »einen weiten Ort« entschieden. Das bedeutet nicht nur »roomy«, sondern auch »entfernt«, und das scheint mir genau das zu sein, woran Jacasser hier leidet.

Even Jacasser is the master there

Das Finnische unterscheidet grammatikalisch nicht zwischen feminin und maskulin. Strenggenommen wissen wir also nicht, ob Jacasser ein Mann oder eine Frau ist. Ich sah bei diesem Vers die fernöstliche Szene des Familienoberhaupts, das dem Gast Wasser reicht (oder Kamelmilch-Kwass, was immer). Und ich sah einen Mann vor mir: »Sogar Jacasser ist dort ein Herr«. Gäbe es vielleicht eine Variante der Übersetzung, die das Geschlecht offen ließe?

In the small hours the friend
hangs nailed to the wall

Ganz kompliziert! Die »small hours«, ließ Jarkko mich wissen, sei die kurze Spanne besonderen Lichts beim Anbruch eines neuen Tages. Ich habe mich gefragt, ob tatsächlich der Körper des Freundes an die Wand genagelt sein soll, oder ob es sich nicht vielmehr um ein Bild handelt, das an einem Nagel an der Wand hängt und den Freund zeigt, der eben in Wirklichkeit ebenso entfernt ist wie das vorgestellte Heim in der vorgestellten Jurte. »Genagelt« hat nun im Deutschen auch noch eine hier ganz ungewollte Nebenbedeutung… Also bin ich aufs Visuelle ausgegangen, eben das »Frühlicht« (das so nun freilich nicht im Original steht, wenn es auch gemeint war). Vielleicht wäre »Dämmerlicht« näher dran gewesen.

Im Frühlicht hängt der Freund
an der Wand, an Nägeln

So bleibt die Möglichkeit des tatsächlich hingerichteten Freundes oder eben die Vorstellung seiner an Nägeln aufgehängten Fotografie. Beim Licht der Szene wollte ich den ganzen Vers über bleiben und so wurde aus

a yurt would make a lighter home

das nicht ganz gleichgewichtige

Eine Jurte wäre ein lichteres Heim

Darin, so bilde ich mir ein, steckt das »Leichtere« wie das »Hellere« – wie es das englische Wort »light« eben auch in sich trägt.

every house a prison,
a stone house code for death

Auch hier gehe ich vielleicht zu weit, wenn ich schreibe:

jedes Haus ein Gefängnis,
ein Steinhaus: Todesrune.

Das Steinhaus, so Tontti, sei Symbol des Todes. Also vielleicht »Todeszeichen«. Ich wollte es stärker und habe zur »Rune« gegriffen.

The winds of the steppes were all his forefathers had to lean on

Hier hätte ich mich beinahe ganz vom Original gelöst, weil mich die Assoziation des »lean on« beim Lesen sofort zur Formulierung führte: sich mit der Stirn in den Wind zu lehnen. Aber das steht ja nun weder im Original noch in der englischen Übertragung…

Last but not least: Wie soll ich es beim Einlesen mit der Ausprache des Namens halten? Französisch? Englisch? Ich mache den Namen kurzerhand deutsch. Schließlich ist es ein Phantasiename, da kann man ihn auch sprachlich adaptieren.

Was uns jetzt noch fehlt, wäre eine Aufnahme des Originals, gelesen von Jarkko. Mal sehen, ob ich ihn überreden kann.

Jarkko Tontti: »Denn jeder braucht einen weiten Ort«,
gelesen von Benjamin Stein

PS: Hier ist immerhin schon mal ein YouTube-Fund. Jarkko Tontti rezitiert ein anderes seiner Gedichte.

Saisi oman talon – Jarkko Tontti @ Runoraati

Kurztitel & Kontexte bis 2010-09-19

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  • (manuell)

Kurztitel & Kontexte bis 2010-04-25